Urologisches mit hohem Spaßfaktor
Ratgeber macht Laune bei der Lektüre über die Zone unter der Gürtellinie
Ratgeber zu Gesundheitsthemen sind wichtig, und pflichtbewusst kauft man sich entsprechende Bücher, wenn der Cholesterinspiegel zu hoch oder die Lust zur Bewegung zu niedrig ist. Und jetzt wirft auch noch ein Urologe sein Wissen zwischen Buchdeckeln auf den Markt! Aber Vorsicht bei Vorurteilen: Volker Wittkamps Buch „Fit im Schritt“ist ausgesprochen unterhaltsam geschrieben und gibt dennoch viel Wissenswertes weiter. Es taugt also durchaus als Lektüre – und nicht nur für Männer. Auch Frauen müssen gelegentlich zum Urologen.
Vorrangig geht es allerdings erst einmal um das männliche Geschlecht: um Penis, Hoden, Prostata und Sperma. Da Mann aber in der Regel erst zum Facharzt geht, wenn nichts mehr geht, kann der Urologe auch feine Beispiele aus der Praxis zitieren. Da war ein junger Mann, der blutend in der Notfallaufnahme ankam. Mit einem Santoku-Messer („dem Skalpell des kleinen Mannes“) hatte er sich selbst beschneiden wollen. Ein anderer wiederum ließ sich ein Stück Zahnbürste unter die Penishaut nähen. Warum, ist hier zweitrangig. Aber eine Entzündung blieb nicht aus. „Es gibt sehr wenige Dinge, die Urologen noch nicht entfernt haben – Drähte, Kerzen, Pfeifenreiniger. Doch ein Stück Zahnbürste gehört eher selten dazu“, schreibt der 34-jährige Mediziner aus Köln, der vor dem Abschluss seiner Facharztprüfung steht.
Studiert hat Wittkamp in Bonn. Damals jobbte er auch als Independent-DJ, kurz Indie-DJ – er legte also Musik auf, die eigene künstlerische Wege ging. Dieser Haltung ist er sich wohl auch bei seiner Schriftstellerkarriere treu geblieben. So lässt sich sein Buch auch nicht bei den üblichen Ratgebern einreihen. Mann oder Frau muss bei der Lektüre einfach zu oft lachen. Jedem Kapitel ist ein spaßiger Steckbrief vorangestellt, in dem sich die Körperteile mit ihren Neigungen, Freunden, Wohnorten und Berufen vorstellen. Die Prostata gibt zum Beispiel als Beruf Vorsteherdrüse an –„ das ist wie Türsteher, nur entscheide ich, was raus darf“. Der Penis preist als seinen Lieblingsfilm „Last Man Standing“an. Und der „beste Freund“des Spermas ist demnach der pfeilschnelle US-Schwimmer Michael Phelps mit seinen 23 olympischen Goldmedaillen. Doch bei alledem ist Wittkamps Buch keine reine Blödelei. Er weiß genau, wann der Spaß aufhört und der Ernst beginnt, etwa bei Themen wie Krebs, Unfruchtbarkeit oder Inkontinenz. Da geht es auch bei ihm vor allem um die seriöse Information.
Wenn er es nun tatsächlich schafft, dass viele Männer sein Buch nicht nur in die Hand nehmen, sondern auch durchlesen, sich über die witzigen Illustrationen von Martina Frank amüsieren und dann noch zur Vorsorge den Urologen aufsuchen, dann hat der Autor und Mediziner zu Beginn seiner Laufbahn schon sehr viel erreicht.