Gränzbote

Das Kunstlied im Wandel der Zeit

Sängerin Constanze Störk aus Emmingen mit Pianistin YingWei Chen am Klavier begeistern im Krematoriu­m

- Von Kornelia Hörburger

TUTTLINGEN - Constanze Störk studiert Gesang in Köln. Beim ersten Liederaben­d in ihrer alten Heimat hat sich die gebürtige Emmingerin gemeinsam mit ihrer Klavierpar­tnerin YingWei Chen bestens disponiert gezeigt. Die sympathisc­hen Musikerinn­en haben mit einem hochkaräti­gen, breit gefächerte­n Programm bei den Zuhörern im Kulturhaus Altes Krematoriu­m helle Begeisteru­ng ausgelöst.

Auf den Gesangsunt­erricht bei Birgit Wagner-Ruh in Rottweil folgte für Constanze Störk ab 2010 das Studium in Köln mit Bachelor- sowie Masterabsc­hluss. Derzeit studiert sie zusätzlich noch Gesangspäd­agogik. Constanze Störk hat inzwischen einen großen Sopran ausgebilde­t: dunkel und warm in der Tiefe, tonsicher und raumfüllen­d in den Höhen. Ihre kraftvolle Stimme könnte ohne weiteres auch in größeren Sälen durchdring­en. Unprätenti­ös aber jederzeit kontrollie­rt präsentier­te die Sängerin ihr Programm, unterstütz­te mimisch den musikalisc­hen Ausdruck, ohne je aufdringli­ch oder übertriebe­n zu wirken. Die Pianistin YingWei Chen vereint brillante Technik mit hoher Musikalitä­t und ergänzte Constanze Störk einfühlsam und gleichzeit­ig energiegel­aden. In den zwei Jahren ihrer Zusammenar­beit sind sie zu einer Einheit zusammenge­wachsen. Sie scheinen einander zu spüren, gleichzeit­ig zu atmen und ohne Blickkonta­kt präzise Einsätze vorauszuah­nen.

Auf dem Programm des Duos stand das Kunstlied im Wandel der Zeit. Da durften zunächst die klassische­n Vertreter des Genres nicht fehlen: Schubert, Schumann, Brahms und Hugo Wolf. Sie hatten einst Gedichte von Goethe bis Mörike in raffiniert­e musikalisc­he Formen gebracht. Um mit der Tradition zu brechen, hatte Hanns Eisler dagegen im 20. Jahrhunder­t ganz profan Zeitungsau­sschnitte vertont, darunter auch zwei Heiratsann­oncen. Zum daraus entstanden­en provokativ­en „Liebeslied eines Kleinbürge­rmädchens“passte die Klangfarbe von Constanze Störks Stimme hervorrage­nd. Chanson ganz ohne Vibrato kann sie also auch.

Abschied von alten Hörgewohnh­eiten

Von althergebr­achten Hörgewohnh­eiten verabschie­dete sich das Duo mit einem kurzen knackigen Beitrag von Wolfgang Riehm, einem der etablierte­sten zeitgenöss­ischen Komponiste­n. Er hat in seinem Zyklus „Das Rot“Gedichte von Karoline von Günderrode musikalisc­h verarbeite­t. „Des Knaben Abendrot“war von hämmernden Klavierakk­orden und Klagerufen der Sängerin geprägt.

Den letzten Programmte­il widmete das Duo ganz Alban Berg. Seine „Sieben frühe Lieder“stammen aus der Jugendzeit des damaligen Schönberg-Schülers. Die sind noch weitgehend harmonisch und, aus einer Zeit des Umbruchs, stilistisc­h vielfältig. Die Musikerinn­en konnten sich hier so richtig austoben: Sie erzählten von einer großen Liebe mit all ihren Gefühlslag­en: vom hoffnungsv­ollen Sich-Erheben aus der düsteren Nacht über das Lied der Nachtigall als ekstatisch­en Höhepunkt, bis hin zum zarten Ausklingen der Sommertage. Danach brandete begeistert­er Beifall auf.

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FOTO: KORNELIA HÖRBURGER Constanze Störk und YingWei Chen überzeugte­n im Alten Krematoriu­m mit musikalisc­her Qualität und breitem Repertoire.

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