3000 Jahre alten Liebeskummer auf die Bühne gebracht
Studenten dreier Gesangklassen zeigen szenische Ausschnitte aus Henry Purcells Barockoper „Dido and Aeneas“
TROSSINGEN - Mit einer Ladung Sand ist aus der kleinen Aula der Musikhochschule Trossingen der Strand von Karthago geworden. Das, was die Studenten aufführten, war eine beeindruckende Zeitreise.
Am Rad der Zeit wurde massiv gedreht: Gerade ist der Trojanische Krieg zu Ende gegangen. Eigentlich Grund zur Freude, doch Dido, Karthagos Königin, ist todunglücklich. Hat sie sich doch in den schönen Aeneas (gesungen und tatkräftig gespielt von Jia-Chen Tan) verliebt. Doch dem hat ein Geist (Megan Beddeley) den Befehl Jupiters vermittelt, gen Italien zu segeln. In der Rolle der Dido klagt Oksana Poliarush mit kräftiger Stimme ihr Leid. Ihre Freundin Belinda (frisch und freundlich: Lea Decker) und Melanie Faitsch als „second woman“versuchen, Dido zu trösten.
Doch nicht nur mit dem treulosen Geliebten muss sich Dido herumschlagen. Da ist auch noch ihre Feindin, die böse Zaubererin, personifiziert von Kristin Ivanova, die sicher die beste Schauspielerin der kleinen Truppe aus den Klassen von Alexandra Coku, Andreas Reibenspies und Silke Kaiser ist. Maliziös lächelnd treibt sie ihr böses Spiel, wechselt zwischen Verwünschungen und falsch-freundlichem SeifenblasenGeplänkel. Sie stachelt die beiden Junghexen (Ya-Eun Won und Jia-Jing Wang) auf und freut sich diabolisch, als Aeneas vom „first sailor“, XuangHao Wen, auf das „Schiff“, bühnentechnisch durch einen Anker verkörpert, gezerrt wird und somit aus Didos Umfeld verschwindet. Mit sichtlichem Vergnügen zerstört das böse Weib die kleine Sandburg, die das junge Paar zuvor liebevoll gebaut und mit Muscheln verziert hat.
Enorme Körperbeherrschung
Der „Matrosenchor“besteht aus nur zwei - dafür aber guten - Stimmen: Sebastian Schäfer und Andreas Ocker zeigen dazu noch enorme Körperbeherrschung, wenn sie lange in sicher sehr unbequemen Stellungen verharren.
Ein nettes Detail der Inszenierung ist, dass die Schiffsbesatzung (samt Geist und Aeneas) beim Chorgesang mit den Meereswellen schwankt. Auch die Tänze sind gut einstudiert. Einziger Kritikpunkt: Der Text, den Librettist Nahum Tate aus dem Vergil-Werk geschrieben hat, ist nicht immer klar verständlich. Doch hier und da blitzen Worte wie „love”, „never” oder ganze Passagen wie „But ah! What language can I try my injur’d queen to pacify” auf.
Nur sehr kurze Zeit hatte das Ensemble, die Auszüge aus dem 1688 in London uraufgeführten Werk unter der Regie von Nina Dudek einzustudieren. Das „Orchester“besteht aus den beiden Pianisten Leonardo Spadaro und Kaori Suetsugu, die sich die Aufgabe hälftig teilen. Dabei hat die Japanerin das Vergnügen, ihr Instrument als Unwetter dröhnen zu lassen. Der dramatische Klang geht in kräftigen Beifall über.