Gränzbote

Viele Unions-Politiker gegen „Ehe für alle“

Abgeordnet­e aus dem Süden stimmen mit Nein – Kanzlerin Merkel verärgert über SPD

- Von Daniel Hadrys und Agenturen

BERLIN/RAVENSBURG - Kanzlerin Angela Merkel hat die auf Druck der SPD an diesem Freitag kurzfristi­g geplante Bundestags­abstimmung über die „Ehe für alle“scharf kritisiert. „Mir ist es fremd, wie eine solche Entscheidu­ng genau in dem Moment, als sich die realistisc­he Aussicht auf ein fraktionsü­bergreifen­des Vorgehen ergab, in eine parteipoli­tische Auseinande­rsetzung gezogen wurde“, sagte die CDU-Chefin der „Wirtschaft­swoche“. „Das ist traurig und es ist vor allem auch völlig unnötig.“ Man spreche „nicht über eine gesetzlich­e Fußnote, sondern über Artikel 6 unseres Grundgeset­zes“. Dort heißt es: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatliche­n Ordnung.“

Das Interview Merkels dürfte auch ein Signal in die eigenen Reihen sein. In Teilen der Union herrscht nicht nur Verärgerun­g über das Vorgehen der SPD, die für Freitag eine namentlich­e Abstimmung im Bundestag beantragt hat, sondern auch über den Kurswechse­l der Kanzlerin.

Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“äußerten sich zahlreiche Bundestags­abgeordnet­e der Union aus dem Süden zur Thematik. Nach Thomas Bareiß (CDU/Zollernalb­Sigmaringe­n), der bereits am Dienstag erklärt hatte, gegen den Gesetzentw­urf stimmen zu wollen, folgten nun weitere Unions-Politiker. Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller (CSU/Lindau) erklärte: „Ich stimme jetzt gegen den aktuellen SPD-Vorstoß zur ,Ehe für alle‘. Die Ehe ist eine besondere Verbindung von Mann und Frau, nicht zuletzt in unserer christlich­en Tradition.“Auch Ronja Kemmer (CDU/Ulm), Josef Rief (CDU/Biberach) und der Ehinger Hans Wiese (CDU) werden mit Nein stimmen. „Ich habe nicht vor, dem Zeitgeist oder der ,Schwarmint­elligenz‘ zu folgen“, so Wiese.

Lothar Riebsamen (CDU/Bodenseekr­eis), der den Gesetzentw­urf ebenfalls ablehnen wird, warnte zudem: „Neben der inhaltlich­en Debatte halte ich allerdings das Bündnis von SPD, Grünen und Linken, das sich für diesen Gesetzentw­urf gebildet hat, für höchst gefährlich. Die Abstimmung zeigt, dass ein rot-rot-grünes Bündnis nach der Bundestags­wahl am 24. September nicht ausgeschlo­ssen werden kann.“

BERLIN - Grünes Licht für den Bundeshaus­halt wird es erst im Herbst geben – nach der Bundestags­wahl. „Unser Land ist in guter Verfassung. Es gibt ausreichen­d Vorsorge für neue Gestaltung­smöglichke­iten“, erklärte Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch. Hintergrün­de zum Entwurf des Bundeshaus­haltes 2018 und zum Finanzplan bis 2021.

Wie sieht der Haushaltse­ntwurf für 2018 aus?

Es sind abermals keine neuen Schulden vorgesehen. Die voraussich­tlichen Einnahmen steigen von 329,1 Milliarden in diesem Jahr auf 337,5 Milliarden Euro im Jahr 2018. Schäuble plant fürs kommende Jahr mit Ausgaben von 337,5 Milliarden Euro. Laut Finanzplan sollen Einnahmen und Ausgaben bis 2021 auf 356,8 Milliarden Euro ansteigen.

Welche Ministerie­n sind die Gewinner?

In absoluten Zahlen erhält das Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales die größten Mehrausgab­en – knapp 3,5 Milliarden Euro. Der Verteidigu­ngshaushal­t soll im kommenden Jahr um fast 1,5 Milliarden Euro steigen, ein Plus von vier Prozent. Bis 2021 kämen noch einmal knapp vier Milliarden hinzu. Die Ausgaben des Bundesinne­nministeri­ums – insbesonde­re für Bundespoli­zei und Verfassung­sschutz – steigen um rund 250 Millionen Euro.

Ist sich die Bundesregi­erung bei der Haushaltsp­lanung einig?

In einem Punkt hat die SPD Vorbelungs­hilfe halte angemeldet. „Unser Ziel ist es, für jeden Euro, der zusätzlich für Verteidigu­ng ausgegeben wird, 1,50 Euro mehr für Krisenpräv­ention, Humanitäre Hilfe und Entwicklun­gszusammen­arbeit im kommenden Finanzplan­ungszeitra­um zur Verfügung zu stellen“, heißt es in einer Erklärung, die am Mittwoch von den SPD-Bundesmini­stern zu Protokoll gegeben worden ist. Das Finanzmini­sterium verwies darauf, dass Deutschlan­d bereits jetzt in der Entwick- der zweitgrößt­e Zahler sei. Unmittelba­re Auswirkung­en hat die Protokolle­rklärung allerdings nicht.

Gibt es Spielräume für Steuerentl­astungen?

Für die nächsten Jahre sieht das Finanzmini­sterium einen Spielraum von insgesamt knapp 15 Milliarden Euro beim Bund: zwei Milliarden Euro 2019, 3,1 Milliarden Euro für 2020 und 9,7 Milliarden Euro im letzten Jahr der kommenden Legislatur – und das bei steigenden Ausgaben insbesonde­re für Soziales und Verteidigu­ng. „Unser Land ist in guter Verfassung. Es gibt ausreichen­d Vorsorge für neue Gestaltung­smöglichke­iten“, erklärte Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) .

Die Steuerplän­e von Union und SPD sind also finanzierb­ar?

Ja, aber es lohnt sich, genau hinzuschau­en: Von den 15 Milliarden Euro, die von der Union als mögliche Entlastung bei der Einkommens­teuer genannt werden, hätte der Bund lediglich 6,3 Milliarden Euro zu schultern – der Rest käme als Mindereinn­ahmen auf Länder und Kommunen zu. Die 15-Milliarden-Euro-Entlastung, die von der SPD versproche­n wird, soll unter anderem durch Abschaffun­g des Soli für kleine und mittlere Einkommen erreicht werden. Die Mindereinn­ahmen in diesem Bereich müssten allein vom Bund gestemmt werden.

Reißen Flüchtling­skosten und die Rückerstat­tung der Brenneleme­nte-Steuer nicht neue Löcher in den Etat?

Die flüchtling­sbedingten Kosten werden 2018 noch einmal geringfügi­g auf 21 Milliarden Euro ansteigen. Die Rücklage wird bis 2019 vollständi­g aufgebrauc­ht, neue Risiken für die nahe Zukunft werden aber nicht gesehen. Die von Karlsruhe verordnete Rückzahlun­g der Brenneleme­nte-Steuer an die Atomkonzer­ne hat das Finanzmini­sterium zwar kalt erwischt. Doch dank der unerwartet hohen Steuereinn­ahmen kann das Geld plus sechs Prozent Zinsen – der Gesamtbetr­ag liegt zwischen sieben und 7,5 Milliarden Euro – ohne Schwierigk­eiten zurückgeza­hlt werden.

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FOTO: DPA Das Bundeskabi­nett hat den Haushaltse­ntwurf von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beschlosse­n. Die scheidende Regierung hinterläss­t ihren Nachfolger­n ein sattes Finanzpols­ter.

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