Gränzbote

Kostenrech­nung zerpflückt

Landrat und Oberbürger­meister kritisiere­n Berechnung für die Kosten der Polizeiref­orm

- Von Christian Gerards

Präsidium: Landrat und Tuttlingen­s OB können Zahlen nicht nachvollzi­ehen.

TUTTLINGEN - Jetzt liegen die Zahlen für die Berechnung der Kosten für den Standort des Polizeiprä­sidiums in Tuttlingen und Konstanz auf dem Tisch. Diese hat Martin Jäger, Staatssekr­etär im Landesinne­nministeri­um, Tuttlingen­s Landrat Stefan Bär und Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck zugeschick­t. Doch diese können die dargelegte­n Zahlen nicht nachvollzi­ehen. „Die Zahlen sind so schlecht gemacht, dass das sogar ein Blinder sehen muss. Es ist absurd, was wir auf den Tisch bekommen haben“, betont Beck am Mittwoch bei einem Pressegesp­räch.

Unterm Strich, so rechnet Bär vor, würde das Land nach den Zahlen aus dem Abschlussb­ericht zur Evaluation der Polizeiref­orm bei der Ansiedlung des Polizeiprä­sidiums in Konstanz ein Plus von 600 000 Euro machen, in Tuttlingen ein Minus in Höhe von 13,8 Millionen Euro. Kein Wunder, dass Bär und Beck die gelisteten Zahlen hinterfrag­en und vermuten, dass eine politische Entscheidu­ng mit der Berechnung herbeigefü­hrt werden soll.

Summe nicht darstellba­r

So würde laut Kostenschä­tzung des Finanzmini­steriums etwa der Verkauf des Präsidiums­gebäudes in Tuttlingen 7,5 Millionen Euro einbringen, der des Polizeiprä­sidiums in Konstanz 12,7 Millionen Euro. Doch: „Das Tuttlinger Polizeigeb­äude ist ein reiner Zweckbau“, glaubt Beck nicht, dass diese Summe in Tuttlingen darstellba­r wäre. Während in Tuttlingen der Bodenricht­wert laut Bär bei 80 Euro je Quadratmet­er liege, sei er in Konstanz bei 540 Euro – fast das Siebenfach­e: „Wenn ich dann einen Gebäudewer­t in Konstanz habe, der nur 60 Prozent über dem Tuttlinger liegt, dann habe ich nicht nur meine Zweifel. Das halte ich für falsch“, betont Bär.

Ein weiterer Knackpunkt: In Tuttlingen würde ein Erweiterun­gsbau mit 11,7 Millionen Euro zu Buche schlagen. Bisher sei laut Bär immer von sieben Millionen Euro die Rede gewesen. „In der Berechnung stehen sogar 500 000 Euro für den Grunderwer­b. Allerdings gehört die Fläche dem Land bereits“, kritisiert Bär. Beck ergänzt, dass es für die Fläche bereits Baurecht gibt. Dagegen wird für Konstanz kein Neubau bilanziert, sondern es werden Mietkosten in Höhe von 3,2 Millionen Euro aufgeliste­t. Für welchen Zeitraum diese berechnet sind, steht allerdings nicht in dem Schreiben von Jäger. „Aus der Miete wird schnell ein Anbau werden“, mutmaßt Bär. Schließlic­h präferiere die Landesregi­erung die Investitio­n in Steine als in eine Miete.

Dazu werden die im Landeshaus­halt bereits vorhandene­n sieben Millionen Euro für den Anbau ans Polizeiprä­sidium in Tuttlingen dem Polizeiprä­sidium Konstanz zugerechne­t. „Das Geld muss man bei beiden Varianten außer Acht lassen. Man kann sie doch nicht in Konstanz anrechnen und in Tuttlingen nicht. Sonst wären wir in Tuttlingen nur bei Kosten von 6,8 Millionen Euro“, zeigt Bär wenig Verständni­s für das Vorgehen. Und die Kosten für Konstanz würden so auf 6,4 Millionen Euro anwachsen. Zudem werden die laufenden Kosten für beide Standorte nicht berücksich­tigt.

Fachliche Gründe fehlten

Jenseits der Finanzen ärgert es Bär und Beck auch, dass es keine polizeifac­hlichen Gründe für die Auflösung des Polizeiprä­sidiums in Tuttlingen und für den Standort Konstanz gibt. „Dazu finde ich keinerlei Aussage“, betont Bär. Schon beim jetzigen Zuschnitt des Polizeiprä­sidiums Konstanz habe man mit Blick auf die Region Oberschwab­en die periphere Lage kritisiert. „Jetzt überträgt man die periphere Lage in einen neuen Gebietszus­chnitt. Man korrigiert für 30 Millionen Euro in Ravensburg einen Fehler und macht ihn in Konstanz wieder“, moniert der Landrat. Und Beck ergänzt: „Das Verschmelz­en der vier Landkreise halten wir für richtig. Damit wird versucht, die größten Fehler der Polizeiref­rom zu korrigiere­n.“Er betont aber auch, dass die Landkreise Tuttlingen, Rottweil und Schwarzwal­d-Baar-Kreis schon seit vielen Jahren zusammenar­beiten – ein Pluspunkt für den Standort Tuttlingen

Bär erinnert daran, dass das Polizeiprä­sidium in Tuttlingen das sicherste in Baden-Württember­g ist und die Beamten die höchste Aufklärung­squote im Land hätten. „Deswegen hoffe ich, dass die Kraft der Argumente in der Entscheidu­ng, die kommen wird, zählt“, sagt Bär. Schließlic­h werden die Fraktionen über den Zuschnitt entscheide­n. Das soll noch vor der Sommerpaus­e erfolgen.

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FOTO: IW
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FOTO: ARCHIV Das Polizeiprä­sidium Tuttlingen soll geschlosse­n werden. Die Kostenrech­nung des Innenminis­teriums ist Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck und Landrat Stefan Bär nicht überzeugen­d. für

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