Kostenrechnung zerpflückt
Landrat und Oberbürgermeister kritisieren Berechnung für die Kosten der Polizeireform
Präsidium: Landrat und Tuttlingens OB können Zahlen nicht nachvollziehen.
TUTTLINGEN - Jetzt liegen die Zahlen für die Berechnung der Kosten für den Standort des Polizeipräsidiums in Tuttlingen und Konstanz auf dem Tisch. Diese hat Martin Jäger, Staatssekretär im Landesinnenministerium, Tuttlingens Landrat Stefan Bär und Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck zugeschickt. Doch diese können die dargelegten Zahlen nicht nachvollziehen. „Die Zahlen sind so schlecht gemacht, dass das sogar ein Blinder sehen muss. Es ist absurd, was wir auf den Tisch bekommen haben“, betont Beck am Mittwoch bei einem Pressegespräch.
Unterm Strich, so rechnet Bär vor, würde das Land nach den Zahlen aus dem Abschlussbericht zur Evaluation der Polizeireform bei der Ansiedlung des Polizeipräsidiums in Konstanz ein Plus von 600 000 Euro machen, in Tuttlingen ein Minus in Höhe von 13,8 Millionen Euro. Kein Wunder, dass Bär und Beck die gelisteten Zahlen hinterfragen und vermuten, dass eine politische Entscheidung mit der Berechnung herbeigeführt werden soll.
Summe nicht darstellbar
So würde laut Kostenschätzung des Finanzministeriums etwa der Verkauf des Präsidiumsgebäudes in Tuttlingen 7,5 Millionen Euro einbringen, der des Polizeipräsidiums in Konstanz 12,7 Millionen Euro. Doch: „Das Tuttlinger Polizeigebäude ist ein reiner Zweckbau“, glaubt Beck nicht, dass diese Summe in Tuttlingen darstellbar wäre. Während in Tuttlingen der Bodenrichtwert laut Bär bei 80 Euro je Quadratmeter liege, sei er in Konstanz bei 540 Euro – fast das Siebenfache: „Wenn ich dann einen Gebäudewert in Konstanz habe, der nur 60 Prozent über dem Tuttlinger liegt, dann habe ich nicht nur meine Zweifel. Das halte ich für falsch“, betont Bär.
Ein weiterer Knackpunkt: In Tuttlingen würde ein Erweiterungsbau mit 11,7 Millionen Euro zu Buche schlagen. Bisher sei laut Bär immer von sieben Millionen Euro die Rede gewesen. „In der Berechnung stehen sogar 500 000 Euro für den Grunderwerb. Allerdings gehört die Fläche dem Land bereits“, kritisiert Bär. Beck ergänzt, dass es für die Fläche bereits Baurecht gibt. Dagegen wird für Konstanz kein Neubau bilanziert, sondern es werden Mietkosten in Höhe von 3,2 Millionen Euro aufgelistet. Für welchen Zeitraum diese berechnet sind, steht allerdings nicht in dem Schreiben von Jäger. „Aus der Miete wird schnell ein Anbau werden“, mutmaßt Bär. Schließlich präferiere die Landesregierung die Investition in Steine als in eine Miete.
Dazu werden die im Landeshaushalt bereits vorhandenen sieben Millionen Euro für den Anbau ans Polizeipräsidium in Tuttlingen dem Polizeipräsidium Konstanz zugerechnet. „Das Geld muss man bei beiden Varianten außer Acht lassen. Man kann sie doch nicht in Konstanz anrechnen und in Tuttlingen nicht. Sonst wären wir in Tuttlingen nur bei Kosten von 6,8 Millionen Euro“, zeigt Bär wenig Verständnis für das Vorgehen. Und die Kosten für Konstanz würden so auf 6,4 Millionen Euro anwachsen. Zudem werden die laufenden Kosten für beide Standorte nicht berücksichtigt.
Fachliche Gründe fehlten
Jenseits der Finanzen ärgert es Bär und Beck auch, dass es keine polizeifachlichen Gründe für die Auflösung des Polizeipräsidiums in Tuttlingen und für den Standort Konstanz gibt. „Dazu finde ich keinerlei Aussage“, betont Bär. Schon beim jetzigen Zuschnitt des Polizeipräsidiums Konstanz habe man mit Blick auf die Region Oberschwaben die periphere Lage kritisiert. „Jetzt überträgt man die periphere Lage in einen neuen Gebietszuschnitt. Man korrigiert für 30 Millionen Euro in Ravensburg einen Fehler und macht ihn in Konstanz wieder“, moniert der Landrat. Und Beck ergänzt: „Das Verschmelzen der vier Landkreise halten wir für richtig. Damit wird versucht, die größten Fehler der Polizeirefrom zu korrigieren.“Er betont aber auch, dass die Landkreise Tuttlingen, Rottweil und Schwarzwald-Baar-Kreis schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten – ein Pluspunkt für den Standort Tuttlingen
Bär erinnert daran, dass das Polizeipräsidium in Tuttlingen das sicherste in Baden-Württemberg ist und die Beamten die höchste Aufklärungsquote im Land hätten. „Deswegen hoffe ich, dass die Kraft der Argumente in der Entscheidung, die kommen wird, zählt“, sagt Bär. Schließlich werden die Fraktionen über den Zuschnitt entscheiden. Das soll noch vor der Sommerpause erfolgen.