Gränzbote

Aus Beziehungs­stress entsteht Weltlitera­tur

Originalma­nuskript von Kafkas „Der Prozess“im Berliner Gropius-Bau

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BERLIN (KNA) - Ein Krisengesp­räch in Berlin mit seiner Ex-Verlobten Felice Bauer gab Franz Kafka 1914 den Anstoß zu seinem bekanntest­en Roman. „Der Prozess“ist nun im Originalma­nuskript nahe dem Ort des Geschehens zu sehen.

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben“: Dieser erste Satz aus Franz Kafkas Roman „Der Prozess“zählt zu den berühmtest­en Anfängen der Weltlitera­tur. Im August 1914 schrieb der Prager Autor diese Zeile mit schwarzer Tinte auf ein weißes Blatt, im Quartforma­t. Auf den weiteren 171 Seiten des Manuskript­es wird die Handschrif­t fliehender, als müsse sie mit der Bedrängung des Protagonis­ten Josef K. Schritt halten.

Im Berliner Martin-Gropius-Bau ist ab Freitag das gesamte Originalma­nuskript von Kafkas Hauptwerk „Der Prozess“zu sehen. Es ist eine Leihgabe des Deutschen Literaturm­useums Marbach und dort der „größte Schatz des Bestandes“, wie Museums-Direktor Ulrich Raulff erklärt. Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) erinnert an die „beispiello­se Sammelakti­on“von Bund, Kulturstif­tung der Länder, Kommunen und Privatsamm­lern, die 1988 bei einer Auktion den Kauf des Manuskript­s ermöglicht­e.

Die Ausstellun­gsleiterin des Marbacher Literatura­rchivs, Ellen Strittmatt­er, betont, dass der Ausstellun­gsbau in Berlin-Kreuzberg nicht zufällig gewählt wurde. In der heutigen Stresemann­straße 111, in unmittelba­rer Nähe des Gropius-Baus, stand einst das Hotel „Askanische­r Hof “. Dort fand am 12. Juli 1914 das legendäre Krisengesp­räch Franz Kafkas mit Felice Bauer, deren Schwester Erna sowie Felices Freundin Grete Bloch statt. Es gab Klärungsbe­darf, nachdem Kafka die Verlobung mit Felice Bauer gelöst hatte. In einem Tagebuchei­ntrag hielt er dieses Treffen als „Gerichtsho­f im Hotel“fest. Das Motiv findet sich im Roman wieder: Josef K. wird ganz unvermitte­lt einem Gerichtsve­rfahren unterzogen, in dem sämtliche Gesetzmäßi­gkeiten einer juristisch­en Verhandlun­g ad absurdum geführt sind. Franz Kafka. Der ganze Prozess. Martin-Gropius-Bau, Berlin, bis 28. August.

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FOTO: DPA Das komplette Originalma­nuskript mit seinen 171 Seiten, eine Leihgabe des Literatura­rchivs in Marbach, kann aus konservato­rischen Gründen nur für kurze Zeit ausgestell­t werden.

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