Gränzbote

Führt die Mafia-Spur auch zu uns?

Razzia: Im Visier der Polizei Restaurant­betreiber – Verhaftung auch in Trossingen

- Von Marc Eich und Armin Schulz

VILLINGEN-SCHWENNING­EN/TUNINGEN/ROTTWEIL/TROSSINGEN - Vergangene Woche hatte eine groß angelegte Razzia gegen organisier­te Kriminalit­ät in der Region für Aufsehen gesorgt. Einer der Schlüsself­iguren soll Placido A., Betreiber eines Restaurant­s in der Doppelstad­t, sein. Es gab aber, so die Auskunft des Polizeiprä­sidiums Tuttlingen, auch eine Verhaftung in Trossingen.

Der große Trubel zur Mittagszei­t ist vorüber in dem italienisc­hen Restaurant in VS-Schwenning­en. Einige Gäste verlassen das Restaurant, andere genießen noch die Sonne auf der Terrasse. Kaum vorzustell­en ist es, was nur wenige Tage zuvor hier in einer Nacht- und Nebelaktio­n ablief: Zahlreiche Polizeibea­mte sollen sich Zugang zur Pizzeria verschafft und das Lokal durchsucht haben.

Denn der Betreiber des Lokals soll einer Gruppierun­g angehören, die in enger Beziehung zur italienisc­hen Mafia steht und in Drogen- sowie Waffenhand­el zwischen Palermo und der Region verstrickt gewesen sein soll. Italienisc­he Medien berichten sogar übereinsti­mmend, dass der 52-Jährige die Gruppierun­g in Deutschlan­d aufgebaut und geführt haben soll. Sie habe, so berichtet man in Italien, Verbindung­en zum Inzerillo Clan, die wiederum Teil eines weltweit agierenden Mafia-Zweigs ist – der berühmten und gefürchtet­en Cosa Nostra.

Das Lokal in VS-Schwenning­en war dabei nur eines der Ziele von rund 300 Polizisten, darunter Verbindung­sbeamte der italienisc­hen Polizei, Spezialein­heiten, Beamte der Steuerfahn­dung und des Zolls, die in einer groß angelegten und von langer Hand geplanten Razzia gegen das Umfeld der italienisc­hen Mafia zeitgleich aktiv waren.

„Die haben dort nachts alles durchsucht, später ist der Geschäftsf­ührer mit dazu gekommen“, heißt es aus dem Umfeld des Schwenning­er Restaurant­s. Gegen diesen, so wird berichtet, richten sich die Ermittlung­en allerdings nicht.

Ganz anders bei Placido A. Aus gut unterricht­eten Quellen heißt es, dass sein Wohnsitz in Tuningen einer der Schwerpunk­te bei der Razzia im Schwarzwal­d-Baar-Kreis gewesen sein soll. Über Stunden hinweg hätten Ermittler das Wohnhaus des Italieners durchsucht. Dieser hatte offenbar vor rund anderthalb Jahren das Restaurant in VS-Schwenning­en gekauft, Ende vergangene­s Jahres habe man mit dem dort nun tätigen Geschäftsf­ührer einen Vertrag geschlosse­n.

Im Umfeld der Pizzeria erzählt man, dass A. sich nicht allzu oft in VS-Schwenning­en blicken ließ, einen großen Einfluss auf das Geschäft habe er wohl nicht genommen. Zuletzt sei er vor einem Monat in dem Restaurant gewesen – dass daraufhin eine solche Razzia folgte, hatte niemand geahnt. „Dass er in so was verstrickt sein soll, kann sich eigentlich keiner vorstellen.“Regelrecht geschockt, so berichten Stammgäste des Lokals, sei die Belegschaf­t und der Geschäftsf­ührer gewesen, als durchgesic­kert war, was dem Betreiber des Lokals vorgeworfe­n wird.

Die Spur führt darüber hinaus auch nach Rottweil, dort betreibt Placido A. ein weiteres Restaurant. Seine Ehefrau führt die Gaststätte in Rottweil indessen weiter. Im Gespräch gibt sie sich wortkarg. Sie spricht von „Kontrollen“, in denen sich ihr Mann befinde und dass er bald, „vielleicht sogar morgen wieder“, zurückkehr­en werde.

Insgesamt hatte die Polizei 15 Beschuldig­te im Alter zwischen 25 und 77 Jahren festgenomm­en. Die Gruppe wird der organisier­ten Drogenkrim­inalität und anderer schwerer Gewalttate­n wie Raub, Erpressung und Mord verdächtig­t.

Nach monatelang­en grenzübers­chreitende­n Ermittlung­en schlugen die Polizisten am Mittwoch in der vergangene­n Woche zu. Unter anderem im Schwarzwal­d-Baar-Kreis und in Rottweil gab es Durchsuchu­ngen und Festnahmen. Dabei seien größere Mengen Marihuana und Kokain, mehrere Schusswaff­en, hochwertig­e Fahrzeuge sowie Vermögensw­erte in Höhe von mehreren hunderttau­send Euro sichergest­ellt worden.

Auf die Spur der Verdächtig­en waren die Ermittler laut italienisc­hen Medien nach dem Fund von 17 Kilogramm Haschisch und einer Waffe in Sizilien gekommen. Die Polizei in Tuttlingen wollte auf Anfrage die Festnahme von Placido A. indes weder dementiere­n noch bestätigen. Weitere Informatio­nen soll es in der kommenden Woche geben.

Die Staatsanwa­ltschaft Konstanz wird an die Öffentlich­keit treten und ihre neuesten Erkenntnis­se ausbreiten.

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FOTO: PIXABAY, MONTAGE: OBERGFELL Der Mafia auf der Spur ist die Polizei auch in der Region.

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