Joelle Arno hält EM-Bronze in Händen
Torwart-Talent aus Gunningen ist mit deutscher U 17-Auswahl in Kroatien erfolgreich
TUTTLINGEN - Deutschland ist eine Turniermannschaft: Diese Floskel, die bisher meist bei den Fußballern benutzt wurde, ist nun von der weiblichen U 17-Nationalmannschaft im Beachhandball bestätigt worden. Obwohl bereits in der Gruppenphase das Aus drohte, kehrte die Auswahl um die Gunningerin Joelle Arno mit der Bronzemedaille von der Europameisterschaft aus Zagreb zurück.
„In der Vorrunde wären wir fast rausgeflogen. Wir haben uns aber von Spiel zu Spiel gesteigert. Platz drei ist ein großer Erfolg“, freute sich die 16Jährige. Nicht allein wegen des sportlichen Erfolgs. „Das war mega-cool, so eine Erfahrung machen zu dürfen“, sagte die Torhüterin. Vor allem die Atmosphäre rund um das sandige Spielfeld begeisterte sie. „Alle waren gut gelaunt. Das war wie Urlaub.“
Für die Spielerinnen bedeutete das Turnier hingegen harte körperliche Arbeit. Innerhalb von drei Tagen musste die deutsche Mannschaft zu acht Spielen antreten. „Es war schon anstrengend, sich im Sand zu bewegen“, meinte Arno. Weil im Beachhandball aber fliegend gewechselt wird und alle Spielerinnen gleichermaßen zum Einsatz kamen, sei es psychisch eine höhere Belastung gewesen, erklärte das Torwart-Talent, das für H2Ku Herrenberg bereits in der zweiten Liga zwischen den Pfosten steht.
Mit der U 17-Auswahl erlebte sie einen Start nach Maß in das Turnier. Gegen Polen setzte sich die deutsche Mannschaft mit 2:0-Sätzen (24:6, 22:20) durch. Gegen die Ukraine und Ungarn fehlte dem Team von Trainergespann Alexander Novakovic und Hannes Degenhardt danach ein wenig das Glück. Trotz ordentlicher Leistung der deutschen Spielerinnen gewann die Ukraine 2:1. Die Entscheidung fiel allerdings erst im Penaltywerfen. Gegen die Ungarinnen (0:2) entschied ein Golden Goal den zweiten Durchgang und damit die Partie. Weil es gegen den amtierenden Europameister Niederlande (0:2) im vierten Gruppenspiel auch keine Punkte gab, stand die DHB-Auswahl bereits mit dem Rücken zur Wand.
Gleich drei Mannschaften waren vor dem abschließenden Gruppenspiel punktgleich. Deutschland musste schon 2:0 gegen Rumänien gewinnen, um sich noch für das Viertelfinale zu qualifizieren. „Wir sind total erleichtert. Die Mädchen haben super gespielt“, lobte Novakovic seine Mannschaft, die den Rumäninnen beim 26:14 und 24:22 das Nachsehen gab und mit dem 2:0 in die K.o.-Runde einzog. Die Punktlandung auf den dritten Platz war eine starke Leistung, weil Fehler im Beachhandball kaum verziehen werden. „Ein Fehlwurf kann spielentscheidend sein“, sagt Arno. Das liegt daran, dass das Spiel auf dem kleineren Feld (12 mal 15 Meter) deutlich schneller ist und Tore von Torhütern doppelt zählen.
Jede Mannschaft besteht in einem Spiel aus sechs Feldspielern und zwei Torhütern. Allerdings stehen nur drei Spieler und ein Torwart gleichzeitig auf dem Feld. Bei der Mannschaft, die im Angriff ist, schaltet sich die Torhüterin mit in die Offensive ein. Das allerdings birgt die Gefahr, dass die gegnerische Torhüterin einen abgefangenen Ball umgehend zum erfolgreichen Wurf nutzt und sich die Mannschaft mit zwei Toren absetzen kann. „Der angreifende Torwart muss nach dem Abschluss vorne schnell aus dem Feld gehen, damit der haltende Torwart rechtzeitig im Tor ist“, sagt Arno, die sich mit Anja Kreitczick (HC Leipzig) den defensiveren Part teilte. Mit Jana Epple (TSV Ottobeuren) und Leonie Patorra (SG Hegensberg-Liebersbronn) standen auch zwei angreifende Schlussfrauen im Kader. Neben den Torhüterinnen wechseln sich auch zwei weitere Spielerinnen zwischen Abwehr und Angriff ab. Nur die Läuferin bleibt über eine längere Zeit auf dem Feld.
Spiel um Platz drei: Ungarn singt, Deutschland siegt
Nach dem 2:1 gegen Russland im Viertelfinale gab es für Deutschland ein Wiedersehen mit den Niederlanden. Die DHB-Auswahl hatte aus der Vorrunden-Niederlage die richtigen Schlüsse gezogen und brachte den Favoriten gehörig ins Wanken. Weil ein Wurfversuch von Arno in den Schlusssekunden des ersten Satzes noch geblockt wurde, gewann die Niederlande knapp 13:12 den Durchgang. Trotz des Rückstands steckte Deutschland nicht auf und gewann den zweiten Satz 14:10. „Jeder hat sich taktisch clever verhalten und seinen Teil zum Matchplan beigetragen. Deshalb hatten wir die Niederlande am Rand der Niederlage“, sagte CoTrainer Degenhardt. Erst im Penaltywerfen setzte sich der spätere Turniersieger durch.
Im Spiel um Platz drei hatte Deutschland dann wieder das Glück auf der Seite. Nachdem es nach den Sätzen 1:1 gestanden hatte, behielten die deutschen Spielerinnen im Penaltywerfen die Nerven. Gar nicht so leicht. Denn bereits bei der gemeinsamen Fahrt zum Spiel hatten die Ungarinnen mit den „Psychospielen“begonnen. „Die haben im Bus laut gesungen und uns genervt. Da haben wir uns gesagt, dass wir das Spiel gewinnen werden“, verriet Arno, die zusammen mit ihren Mitspielerinnen wie nach allen Siegen in den nahen Fluss sprang.
Die Gunningerin war übrigens erst spät für den EM-Kader nominiert worden. Mit Laura Wolf (SV Union Halle Neustadt) hatte sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Die Körpergröße und die Fähigkeit, sich besser in die Torecken abdrücken zu können, hätten den Ausschlag gegeben. Vielleicht war es aber auch die Prophezeiung von ihrem ehemaligen Trainer Thomas Köller, der sie in Trossingen ins Tor gesteckt hatte. Dort könne sie viel mehr erreichen und habe die Chance, weit zu kommen. Zu einer Bronze-Medaille bei einer Europameisterschaft hat es jetzt schon einmal gereicht. Und im nächsten Jahr gibt es mit der U 18-Auswahl vielleicht die nächste Chance.