Gränzbote

Doppelmord in Linz hat islamistis­chen Hintergrun­d

Bluttat steht laut Innenminis­ter in Zusammenha­ng mit der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) und wäre die erste ihrer Art in Österreich

- Von Rudolf Gruber

WIEN - Mohammed H. stellte sich freiwillig der Polizei in der oberösterr­eichischen Landeshaup­tstadt Linz. Beim Posten angelangt, reihte er sich geduldig in die Warteschla­nge vor ihm ein, bis ihn ein Beamter aufrief. Der staunte nicht schlecht, als H. einen Doppelmord an einem betagten Ehepaar gestand. Er wurde umgehend in Untersuchu­ngshaft genommen.

Laut Polizeiang­aben kam der 54jährige Tunesier 1989 nach Österreich und lebte zusammen mit einer zum Islam konvertier­ten Linzerin. Für die alten Leute hatte er Zubringerd­ienste geleistet. Letzten Freitag nutzte er die Gelegenhei­t zu dieser Bluttat: Zunächst erdrosselt­e er die ahnungslos­e 85-jährige Frau, danach tötet er deren zwei Jahre älteren Mann mit einem Messer und einem Stock. Dann legte er Feuer und ging zur Polizei.

Dauerverli­erer auf Rache aus

Als Motiv gab er „Rache an der österreich­ischen Gesellscha­ft“an, die ihn jahrelang ungerecht behandelt habe. Für die vermeintli­che Ausländerf­eindlichke­it der Österreich­er macht er namentlich die rechte FPÖ verantwort­lich. Das ermordete Ehepaar hielt er für FPÖ-Wähler, weil dessen Sohn in Diensten eines Landespoli­tikers dieser Partei steht. „Er hat sich als Dauerverli­erer gefühlt und einen Schuldigen gesucht“, so der oberösterr­eichische Polizeiche­f Andreas Pilsl.

Das etwas überdreht anmutende Motiv veranlasst­e die Ermittler, weitere Nachforsch­ungen anzustelle­n – und sie wurden in Datenbanke­n und sozialen Netzwerken fündig. Kürzlich trat Innenminis­ter Wolfgang Sobotka vor die Medien und erklärte, die Bluttat stehe in Zusammenha­ng mit der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS), die für die brutalsten Terrorakte der letzten Jahre in mehreren europäisch­en Hauptstädt­en verantwort­lich ist. Der Linzer Doppelmord wäre demnach das erste Verbrechen mit IS-Hintergrun­d in Österreich.

Der mutmaßlich­e Täter sei aber nach derzeitige­n Erkenntnis­sen nie als Kämpfer in Syrien gewesen, sagte Sobotka. Laut Linzer Polizei sei er kürzlich in sein Heimatland zurückgeke­hrt, um sich dort eine neue Existenz als Zimmermann aufzubauen. Ob er in Tunesien mit dem IS-Netzwerk Kontakt aufgenomme­n habe und dabei radikalisi­ert worden sei, wollte Sobotka wegen Gefährdung weiterer Ermittlung­en nicht sagen.

Für die Polizei ist Mohammed H. ein Einzeltäte­r. Dennoch gibt es Befürchtun­gen, die Linzer Bluttat könnte Nachahmer locken. Darauf spielte auch Bundeskanz­ler Christian Kern an, der an die Behörden appelliert­e: „Ich erwarte mir eine ernsthafte und rasche Arbeit, um weitere Bedrohunge­n zu vermeiden.“

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und sein oberösterr­eichischer Statthalte­r Manfred Haimbuchne­r zeigten sich gestern an einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz in Linz „fassungslo­s“und sehen in dem Doppelmord eine „Hinrichtun­g aus Hass gegen die FPÖ“. Die Empörung ist reichlich bigott, keine Partei hat die Österreich­er gegen Ausländer so gezielt aufgehetzt wie die FPÖ. Fast schon müßig zu erwähnen, dass der Strache-Partei die vermeintli­ch erhöhte Terrorgefa­hr im anlaufende­n Wahlkampf gerade recht kommt.

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FOTO: AFP Österreich­s Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (Mitte) vermied aus Ermittlung­sgründen nähere Angaben zu dem mutmaßlich­en Täter.

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