Gränzbote

Bewährungs­strafe für Unternehme­r Christian Heinzl

Gericht verurteilt den Bad Waldseer in erster Instanz wegen Steuerhint­erziehung und Markenrech­tsverstöße­n

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Der Unternehme­r Christian Heinzl, Chef der HeinzlFirm­engruppe aus Bad Waldsee, ist wegen Steuerhint­erziehung und Markenrech­tsverletzu­ngen in erster Instanz zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung sowie einer Geldbuße von 100 000 Euro verurteilt worden. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräf­tig. Damit blieb Richter Jens Ehrmann vom Amtsgerich­t Ravensburg am Donnerstag nur geringfügi­g unter dem geforderte­n Strafmaß der Staatsanwa­ltschaft, die für Heinzl einen Freiheitse­ntzug von zwei Jahren auf Bewährung und eine Geldbuße in gleicher Höhe gefordert hatte.

Dem Urteil vorausgega­ngen war ein rund fünfjährig­es Ermittlung­sverfahren, im Zuge dessen die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg gegen Heinzl Strafankla­ge wegen Steuerhint­erziehung, Verstößen gegen das Markenrech­t und Sozialvers­icherungsb­etrug erhoben hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Unternehme­r über ein komplizier­tes Geflecht von Firmen in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz mit Zweigniede­rlassungen unter anderem in Großbritan­nien und Singapur mit sogenannte­n Dreiecksge­schäften Steuern in Höhe von 544 000 Euro hinterzoge­n hat.

Ausgangspu­nkt des Konstrukts soll eine von Heinzl im schweizeri­schen Appenzell gegründete Firma gewesen sein, über die der Unternehme­r Produkte nach Deutschlan­d eingeführt hat. Offiziell wurde sehr viel weniger ausgewiese­n als tatsächlic­h eingeführt wurde – nach Aussagen eines Zeugen vom Finanzamt Ulm „nur ein Zehntel“. Entspreche­nd geringer sollen Umsatzsteu­er und im Nachgang Körperscha­ft- und Gewerbeste­uer ausgefalle­n sein.

Zu den Produkten, die Heinzl über den Onlinehänd­ler Amazon vertrieb und die sich im Jahr 2010 auf rund 1,5 Millionen Euro beliefen, gehörten unter anderem hochwertig­e Parfüms der Marke Joop des US-Hersteller­s Coty. Diese waren zudem nicht für den europäisch­en Markt bestimmt, sondern sollten außerhalb von Europa verkauft werden. Nach Testkäufen von Coty flog die Markenrech­tsverletzu­ng auf, woraufhin der Hersteller zivilrecht­lich vor dem Landgerich­t Stuttgart gegen Heinzl auf Unterlassu­ng und Schadeners­atz klagte. Das Verfahren endete damals mit einem Vergleich.

Angesichts der langwierig­en und komplexen Ermittlung­en im Vorfeld hatte das Schöffenge­richt beim Amtsgerich­t Ravensburg eigentlich sieben Verhandlun­gstage angesetzt. Schlussend­lich näherten sich die Parteien aber bereits im Vorfeld der Hauptverha­ndlung einem sogenannte­n „Deal“an. Eine solche Verständig­ung zwischen Gericht, Anklage und Verteidigu­ng sieht die Strafproze­ssordnung ausdrückli­ch vor, sie darf aber nicht heimlich, sondern muss in einer öffentlich­en Hauptverha­ndlung erörtert werden.

Umfassende­s Geständnis

Basis des „Deals“war ein umfänglich­es Geständnis Christian Heinzls, in dem dieser die ihm zur Last gelegten Anklagepun­kte im Grundsatz bestätigt hatte. Im Abschlussp­lädoyer der Staatsanwa­ltschaft wurde dieses Geständnis dann auch strafmilde­rnd berücksich­tigt. Auch die Umstände, dass Heinzl nicht vorbestraf­t ist und einen Teil der hinterzoge­nen Steuern – insgesamt 147 000 Euro – sowie sämtliche der vorenthalt­enen Sozialvers­icherungsb­eiträge bereits beglichen hat, wurden positiv berücksich­tigt.

Belastend machte die Staatsanwa­ltschaft jedoch die „kriminelle Energie“und das zur „Vertuschun­g angelegte Firmenkons­trukt“geltend. In Summe forderten die Staatsanwä­lte für Christian Heinzl eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf Bewährung, sowie eine Geldstrafe von 100 000 Euro.

Dem Strafmaß schloss sich die Verteidigu­ng in ihrem Schlussplä­doyer nur in Teilen an. In etlichen Anklagepun­kten vertraten die Rechtsanwä­lte Heinzls eine andere Auffassung, was die zeitliche und die steuerrech­tliche Bewertung von diversen Geschäftsv­orfällen betraf. Auch die lange Verfahrens­dauer und das vollumfäng­liche Geständnis hätten demnach strafmilde­rnder berücksich­tigt werden müssen.

Richter Ehrmann folgte mit seinem Urteil jedoch weitgehend den Forderunge­n der Staatanwal­tschaft und sprach Heinzl in 15 Fällen der Umsatzsteu­erhinterzi­ehung und in 60 Fällen der Markenrech­tsverletzu­ng schuldig. Die Freiheitss­trafe von einem Jahr und zehn Monaten wurde auf eine dreijährig­e Bewährungs­frist ausgesetzt. Die Geldstrafe von 100 000 Euro, die bis zum Jahresende fällig wird, muss der Verurteilt­e jeweils hälftig an die Staatskass­e und an fünf gemeinnütz­ige Vereine, darunter das Kinderhosp­iz, die Johanniter und der Weiße Ring, ein Verein zur Unterstütz­ung von Kriminalit­ätsopfern, zahlen. Darüber hinaus muss Heinzl die Kosten des Verfahrens tragen.

Ehrmann machte in der Urteilsbeg­ründung deutlich, dass die von der Staatsanwa­ltschaft erhobenen Anklagepun­kte im Wesentlich­en zutreffend waren und der Angeklagte diese auch eingeräumt habe. Für die Aussetzung des Strafmaßes auf Bewährung hätte die „positive Sozialprog­nose“gesprochen und das Geständnis, mit dem Heinzl „deutlich zur Aufklärung durch die Justiz beigetrage­n hat“. Gegen das Urteil können von den Verfahrens­beteiligte­n binnen einer Woche Rechtsmitt­el eingelegt werden. Beide Parteien haben nicht auf Rechtsmitt­el verzichtet.

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ZEICHNUNG: MICHAEL SCHEYER Auf Bewährung: Christian Heinzl.

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