Gränzbote

Von der Lernwerkst­att in die Arbeitswel­t

„Projekt Zukunft“vermittelt anerkannte Flüchtling­e in Lohn und Brot

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Um Flüchtling­en den Einstieg in die Berufswelt möglich zu machen, läuft am Berufsförd­erungszent­rum Möhringen (BFZ) seit Mitte März das „Projekt Zukunft“. Gemeinsam mit dem Kommunalen Jobcenter werden derzeit 16 Teilnehmer so vorbereite­t, dass sie im Idealfall bald ein festes Arbeitsver­hältnis eingehen können.

Seit über eineinhalb Jahren lebt Ezal Hanna nun schon in Deutschlan­d. In seiner Heimat Syrien arbeitete er einst als Elektriker – ein Berufswuns­ch, den er auch gerne in seiner neuen Heimat verwirklic­hen würde. Doch ganz so einfach ist das nicht: Zwar gilt er mittlerwei­le als anerkannte­r Flüchtling, der arbeiten darf. Doch um tatsächlic­h in seinen alten Beruf zurückkehr­en zu können oder gar eine Ausbildung zu beginnen, muss er die Fachsprach­e noch gründliche­r erlernen und zudem wissen, wie die deutsche Arbeitswel­t überhaupt funktionie­rt. In der kommenden Woche beginnt er nun ein Praktikum bei einem örtlichen Elektriker. „Das ist gut“, freut er sich.

Gewillt, eine Arbeit zu finden

Um nicht nur in einer Lernwerkst­att, sondern auch in der realen Arbeitswel­t bestehen zu können, kommen seit März 16 Teilnehmer täglich in das BFZ nach Möhringen. Betreut von Iris Hermann und Christoph Hertkorn geht es dabei um Sprachtrai­ning, um praktische­s Arbeiten im jeweiligen Interessen­sgebiet sowie im letzten Schritt um Bewerbertr­aining und den Kontakt zu Firmen. „Die Teilnehmer sind hochmotivi­ert und es macht großen Spaß, mit ihnen zu arbeiten“, sagt Hertkorn. Die jungen Menschen, die überwiegen­d aus Syrien, Eritrea und Iran stammen, teilen dabei vor allem eines: der Wille, endlich eine Arbeit zu finden und mehr machen zu dürfen als nur Sprachkurs­e und Qualifizie­rungsangeb­ote. „In Deutschlan­d dauert alles so lange“, sagt etwa der 25-jährige Maekele Zergabir aus Eritrea, der so bald wie möglich als Schreiner arbeiten möchte.

Doch zunächst ging es in den ersten Monaten darum, Arbeitsver­halten zu trainieren und sich nebenbei auch fachliches Wissen anzueignen. Angefangen bei der Pünktlichk­eit: Jeden Morgen um 8 Uhr zu beginnen und nicht erst um 10 Uhr zu kommen, wie Hermann erzählt. „Es ist einfach so, dass andere Kulturen ganz andere Werte haben“, sagt sie.

Im Vordergrun­d steht dabei allerdings der Spaß und die Motivation. Jeder arbeitet an einem individuel­len Projekt – der Schreiner an einem Schnitzpro­jekt, die interessie­rte Schneideri­n an der Nähmaschin­e. Nebenbei gibt es immer wieder Ausflüge, Sport und Geselliges – häufig auch mit anderen Schülern des BFZ.

Das Pilotproje­kt, das vom Bund finanziert wird, ist vorerst auf ein Jahr ausgelegt und kann um ein weiteres verlängert werden. Mit der bisherigen Bilanz sind die Verantwort­lichen zufrieden: Zwei der 16 Zöglinge haben bereits eine feste Arbeitsste­lle im Bereich Lagerlogis­tik gefunden, sechs von ihnen absolviere­n Praktika, vier besuchen weiterführ­ende Kurse. Dass sie aus anerkannte­n Herkunftsl­ändern stammen und eine Bleibepers­pektive besitzen, hilft auch beim Kontakt mit den Firmen weiter, wie Hermann aus ihrer Arbeit weiß. „Die Sorge vieler Betriebe ist es, dass die Leute wieder gehen müssen“, weiß Hermann.

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FOTO: SABINE KRAUSS Das „Projekt Zukunft“soll anerkannte­n Flüchtling­en beim Sprung in die Arbeitswel­t helfen: (von links) BFZGeschäf­tsführer Michael Jäger, Elke Wenzler vom Kommunalen Jobcenter, Tessay Teklay, Sbohi Arnauot, Betreuerin Iris Hermann, Ezal Hanna, Mohammed...

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