Der Burgfrieden von Spielberg
Vettel und Hamilton legen öffentliche Differenzen nach Rammstoß von Baku bei
SPIELBERG (SID/dpa) - Lewis Hamilton lehnte sich locker in seinem Stuhl zurück, nachdem er mit ruhiger Stimme die Worte gesprochen hatte, auf die alle gewartet hatten. „Ich habe seine Entschuldigung angenommen“, sagte der dreimalige Formel-1-Weltmeister anderthalb Wochen nach dem Rammstoß von Sebastian Vettel in Baku, „ich spüre überhaupt keine Spannung zwischen uns, auch wenn andere das vielleicht tun“, sagte er bei der offiziellen Pressekonferenz vor dem Großen Preis von Österreich am Sonntag in Spielfeld (14 Uhr/RTL und Sky). Die Presserunde war mit einiger Spannung erwartet worden, weil die vermeintlichen Streithähne dort zum ersten Mal seit Vettels Rüpelattacke wieder aufeinandertrafen.
Allerdings hatten Ferrari-Star Vettel und Hamilton den Vorfall, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits am Tag nach dem Rennen persönlich am Telefon besprochen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich noch immer den größten Respekt vor ihm als Rennfahrer habe und werde weiter hart gegen ihn fahren. Ich akzeptiere seine Entschuldigung“, so Hamilton. Vettel, der nach einer nachträglichen Vorladung vor den Weltverband FIA ohne eine weitere Strafe davongekommen war, antwortete: „Ich bin froh zu hören, dass es keinen großen Einfluss auf unser Verhältnis hat. Ich habe einen Fehler gemacht, also könnte ich verstehen, wenn er sauer ist“, sagte Vettel, „unser Respekt voreinander hilft uns in dieser Situation.“
Der Pressekonferenzraum in Spielberg war am Donnerstagnachmittag bis auf den letzten Platz gefüllt, knapp 40 Fotografen drängten sich neben noch mehr schreibenden Reportern. „So viele Leute waren noch nie hier“, bemerkte auch Hamilton mit einem Grinsen, nachdem er mit einem Zahnstocher im Mund den Raum betrat.
Der Brite machte zunächst gut gelaunt Fotos mit seinem Handy und wirkte deutlich entspannter als Vettel, der erneut öffentlich Abbitte für sein Verhalten leisten musste. „Ob ich stolz auf den Moment bin? Nein. Kann ich ihn zurücknehmen? Nein. Bedauere ich das? Ja.“Kuriosum am Rande: Die Rivalen sollten ursprünglich nebeneinander sitzen, erst zwei Minuten vor Beginn der Pressekonferenz wurde Vettels Namensschild gegen das des Haas-Piloten Kevin Magnussen (Dänemark) getauscht, der letztlich als Puffer zwischen den beiden Kontrahenten Platz nahm.
Dem eigentlichen Stresstest müssen sich der Ferrari-Star und der Mercedes-Mann nun aber auf dem 4,326 Kilometer langen Kurs in Spielberg unterziehen. Der Red-Bull-Ring ist Silberpfeil-Hochburg. Seit der Rückkehr der Formel 1 nach elf Jahren Abwesenheit stand stets ein Mercedes-Pilot auf dem Podest ganz oben: 2014 und 2015 siegte der mittlerweile abgetretene Weltmeister Nico Rosberg, in der vergangenen Saison gelang das Hamilton. 14 Punkte Rückstand hat der Brite noch auf den WM-Führenden Vettel.