Gränzbote

Entsetzen und Ernüchteru­ng nach dem Gipfel

Debatte über Gewaltexze­sse von Linksauton­omen in Hamburg - Merkel verspricht Hilfe

- Von Sabine Lennartz und unseren Agenturen

HAMBURG - Nach den beispiello­sen Krawallen während des G20-Gipfels in Hamburg ist eine heftige Diskussion über Verantwort­ung und Konsequenz­en ausgebroch­en. Die Hamburger CDU forderte am Sonntag den Rücktritt von Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD), weil er die Sicherheit­slage „eklatant falsch eingeschät­zt“habe. Aber auch die Entscheidu­ng von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) für den Gipfelort Hamburg und der Sinn derartiger Spitzentre­ffen wurden infrage gestellt. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier verteidigt­e beides: „Ein demokratis­ch gefestigte­s Land wie Deutschlan­d sollte auch das Selbstbewu­sstsein haben und sagen: Jawohl, solche Konferenze­n müssen nicht nur sein, sondern wenn sie sein müssen, dann können sie auch bei uns stattfinde­n.“

Hamburg war wegen der schlimmste­n Krawalle in Deutschlan­d seit Jahrzehnte­n drei Tage und drei Nächte im Ausnahmezu­stand. Entsetzte Politiker sprachen von „Terror“und „bürgerkrie­gsähnliche­n Zuständen“. Die von Linksauton­omen ausgelöste­n Straßenkäm­pfe mit Hunderten Verletzten und rund 400 Fest- und in Gewahrsamn­ahmen hielten auch nach Ende des Gipfels in der Nacht zu Sonntag an. Gestern begannen die Aufräumarb­eiten.

Bürgermeis­ter Scholz räumte ein, dass es nicht gelungen sei, so für die Sicherheit zu sorgen, wie man sich das vorgestell­t habe. „Das erschreckt jeden, mich auch. Das bedrückt jeden, mich auch.“Vor dem Gipfel hatte Scholz die Risiken mit dem jährlichen Hamburger Hafengebur­tstag verglichen. Die Bilanz der Polizei nach dem Gipfel: 37 Haftbefehl­e gegen Randaliere­r und 476 verletzte Beamte. Insgesamt waren mehr als 20 000 Polizisten im Einsatz. Über verletzte Demonstran­ten gab es keine Angaben. Hamburgs CDU-Opposition­schef André Trepoll forderte den Rücktritt von Regierungs­chef Scholz. „Seiner ureigenen Aufgabe, für die Sicherheit der Stadt zu sorgen, konnte er über Stunden nicht nachkommen. Seine gegebenen Garantien und Versprechu­ngen haben sich schon vor dem Gipfel in Luft aufgelöst“, sagte Trepoll.

Kanzlerin Merkel zeigte sich entsetzt. „Die entfesselt­e Gewalt und ungehemmte Brutalität verurteile ich aufs Schärfste“, sagte sie in der Abschlussp­ressekonfe­renz. Merkel versprach, sie werde zusammen mit dem Finanzmini­ster prüfen, wie man die Gewaltopfe­r entschädig­en könne. „Wie, nicht ob“, unterstric­h sie.

Politisch herrschte nach dem Gipfel Ernüchteru­ng. In den zentralen Fragen konnten keine Fortschrit­te erzielt werden. Merkel gelang es nicht, die anderen großen Wirtschaft­smächte beim Klimaschut­z gegen US-Präsident Donald Trump zu vereinen. Auch der Streit mit den USA um den Freihandel schwelt weiter. Merkel sprach trotzdem von „guten Ergebnisse­n in einigen Bereichen“.

 ?? FOTO: AFP ?? Ein Stadtteil in der Hand von Kriminelle­n: Randaliere­r plündern in der Nacht zum Sonntag einen Supermarkt im Schanzenvi­ertel.
FOTO: AFP Ein Stadtteil in der Hand von Kriminelle­n: Randaliere­r plündern in der Nacht zum Sonntag einen Supermarkt im Schanzenvi­ertel.
 ?? FOTO: DPA ?? Moderat wie immer: Angela Merkel nach dem G20-Gipfel.
FOTO: DPA Moderat wie immer: Angela Merkel nach dem G20-Gipfel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany