Kuckucksei-Promotionen
Auftragsforschung: Unis kritisieren Industrie
DARMSTADT (dpa) - Die Technischen Universitäten warnen die Wirtschaft vor einer immer stärkeren Verquickung von Forschungsgeldern und inhaltlichen Vorgaben bei Hightech-Themen. „Unser Eindruck ist, dass sich die Grenzen verschoben haben“, sagte der Präsident der TU Darmstadt, Hans Jürgen Prömel. Zunehmend komme es vor, dass die Industrie selbst etwa Promotionsstellen „ausschreibe“und so versuche, die Ausrichtung wichtiger Projekte direkt zu beeinflussen.
Die Hochschulen müssten jedoch unbedingt das Initiativrecht behalten – sonst drohe rein interessengeleitete Auftragsforschung. Die Wissenschaftsgemeinde sehe solche „Kuckucksei-Promotionen“skeptisch. „Co-Sponsoring von Themen ist überhaupt kein Problem – wir versuchen auch immer, die Balance zu halten“, erklärte der Professor, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Technischen Universitäten (ARGE-TU) ist. Wenn die Wirtschaft allerdings versuche, sich immer mehr in einzelne Themen einzumischen, sei das schwierig. „Bei KuckuckseiPromotionen wird oft versucht, das Thema von außen – also von Industrieseite – ganz vorzugeben. Das kann nicht sein.“
Prömel berief sich auf die Unabhängigkeit der Forschung, auch bei Themen wie „Industrie 4.0“. Firmen, die den Eindruck erweckten, über den Projektstart bestimmen zu können, führten den Nachwuchs in die Irre: „Die Ausschreibung von betrieblichen Promotionsprogrammen spiegelt den Bewerbern etwas Falsches vor.“Aus Sicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände müssen die Hochschulen ihre zentrale Rolle behalten. „Die Hoheit, ein Promotionsthema zu akzeptieren, liegt bei den Universitäten“, sagte ein Sprecher. „Unternehmen sollten aber die Freiheit haben, Forschungsbedarf zu benennen und an Unis dafür zu werben.“