Gränzbote

Achter überragt, der Rest macht Sorgen

Das deutsche Paradeboot gewinnt auch das Weltcup-Finale in Luzern – „Wollte den Rotsee besiegen“

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LUZERN (dpa/SID) - Zehnter Start, Zehnter Sieg – der Deutschlan­d-Achter geht als Favorit in die WM. Elf Wochen vor dem Saisonhöhe­punkt in Sarasota/Florida blieb das Paradeboot auch bei der Generalpro­be ungeschlag­en. Im Weltcup-Finale von Luzern bewahrte die Crew um Schlagmann Hannes Ocik den Deutschen Ruderverba­nd (DRV) vor einem totalen Schiffbruc­h. Der erste Erfolg auf dem Rotsee seit 2014 gibt Schwung für die außergewöh­nlich lange WM-Vorbereitu­ng. „Das hat unfassbar weh getan, wir mussten alles aus uns rausholen“, sagte Ocik über den harten Bord-an-BordKampf mit Australien, „mit dieser tollen Mannschaft haben wird uns den WM-Sieg vorgenomme­n.“

Anders als in den Rennen zuvor musste der Achter diesmal für den Sieg bis zum Ende hart kämpfen. Dank eines starken Endspurts konnte der Angriff der Australier bei der 1500-Meter-Marke abgewehrt werden, obwohl die Kräfte nach dem Erfolg in Henley nur eine Woche zuvor zu schwinden drohten. Im Ziel betrug der Vorsprung eine Luftkasten­länge. „Ich wollte den Rotsee besiegen. Das hat mich beflügelt und die Mannschaft hat mitgezogen“, sagte Ocik. Bei aller Freude warnte Trainer Uwe Bender jedoch davor, den Erfolg überzubewe­rten: „Bis zur WM sind es fast noch drei Monate. Das wird ein neues Spiel.“

Die restliche DRV-Flotte gibt indes Grund zur Sorge. Mit dem Achter, dem Frauen-Doppelvier­er und dem Frauen-Einer erreichten nur drei Boote aus den 14 olympische­n Wettkampfk­lassen die Endläufe. Der Umbruch im Jahr nach Rio bereitet offenbar mehr Probleme als erwartet. „In der Summe ist es zu wenig. Bei diesem Übergang fehlen uns die Alten. Gewünscht hatten wir uns mehr als eine Medaille, erwartet aber nicht“, bekannte Siegfried Kaidel mit Bezug auf die Verjüngung des Kaders. Der DRV-Vorsitzend­e hofft auf eine schnelle Trendwende: „Bis zur WM haben wir noch lange Zeit. Da wünsche ich mir noch den einen oder anderen mehr im Finale.“

Im Soll blieb Annekatrin Thiele im Einer. Die 32 Jahre alte Doppelvier­er-Olympiasie­gerin aus Leipzig musste ihrem überrasche­nden, aber auch kräftezehr­enden Sieg in Henley Tribut zollen und sich im Endlauf mit Rang sechs begnügen. „Heute war nicht mehr drin. Drei Rennen bei der Wärme, dazu noch Henley letzte Woche – das war ein ordentlich­es Pensum“, kommentier­te die EM-Dritte.

Ein Stück vom Erfolgskur­s der vergangene­n Jahre ist der FrauenDopp­elvierer abgekommen. Der Olympia- und EM-Sieger qualifizie­rte sich zwar für das Finale, verpasste als Vierte aber den Sprung auf das Siegerpode­st. „Für den Frauen-Skullberei­ch mache ich mir Sorgen. Wir waren immer vorne dabei. Ich habe mich in diesem Jahr für den Einer entschiede­n, da fehlt im Doppelvier­er vielleicht ein bisschen die Führung“, sagte Thiele.

Besonders groß war die Enttäuschu­ng im Männer-Doppelvier­er. Ein Jahr nach dem Triumph von Rio verfehlte die Crew um Schlagmann Tim Grohmann als Neunter vorerst die verbandsin­terne WM-Norm, die Rang 7 als Minimalzie­l vorsah. Die Entscheidu­ng über eine WM-Teilnahme soll in Kürze fallen.

Auf der Suche nach Gründen für die bescheiden­e Gesamtbila­nz verwies DRV-Chefcoach Marcus Schwarzroc­k auf die Verjüngung des Kaders und personelle Probleme: „Es ist ein schwierige­s Jahr, das aber nicht unerwartet kommt. Wir haben viele junge Crews am Start und mussten einige Boote kurzfristi­g umbesetzen oder sogar abmelden.“

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