Ini Asyl beklagt unwürdige Zustände
Probleme in Flüchtlingsunterkunft Moltkestraße – Stadt übernimmt zum 1. September
TUTTLINGEN - 54 alleinstehende junge Männer leben in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in der Moltkestraße in Tuttlingen. Jens Junginger und Rose Lovrekovic von der Ini Asyl beklagen die „menschenunwürdigen Zustände“in dem Gebäude. „Das ist so nicht haltbar“, sagt Junginger. Die Stadt Tuttlingen wird die Unterkunft zum 1. September vom Landkreis übernehmen. „Es wird sich auf jeden Fall einiges ändern“, verspricht Arno Specht, Sprecher der Stadt.
Kein Dunstabzug in der Küche, in den Nasszellen gebe es bauliche Probleme, weshalb das Wasser schlecht bis gar nicht abfließe. Und der Teppichboden sei „in gesundheitsgefährdendem Zustand“, so Junginger. Immer wieder hätten Ehrenamtliche der Ini Asyl diese Zustände beim Landratsamt als Träger der Einrichtung angemahnt und um die Chance einer humanen und menschenwürdigen Unterkunft für die Bewohner gebeten.
„Wir haben für die Vorhaltungen der Ini Asyl Verständnis und können die Kritik auch nachvollziehen“, so Nadja Seibert von der Pressestelle des Landratsamtes in einer Stellungnahme. Sie bittet aber auch um Verständnis, dass das Landratsamt aufgrund der Vielzahl an Einsätzen nicht alle Probleme ad hoc lösen könne.
In der Tat sei der Teppich im Obergeschoss austauschwürdig, bestätigt das Amt, zwischenzeitlich sei er gereinigt worden. Andere bauliche Mängel, die nach der Sanierung 2016 aufgetreten seien, müsse dagegen der Vermieter – die Tuttlinger Wohnbau – beseitigen. Da sei man im Gespräch. Probleme gebe es zum Beispiel in der Küche, die nur tapeziert, aber nicht gefliest sei, zudem funktioniere die Lüftungsanlage im Gebäude nicht immer.
„Dass die hygienische Situation manchmal zu wünschen übrig lässt, liegt allerdings auch am mangelnden Putzwillen mancher Bewohner“, so Seibert. Trotz Ansprache durch Hausmeister und Sozialbetreuer würden sie der Reinhaltepflicht manchmal nur ungenügend nachkommen.
Belegung wird halbiert
Nun wird die Stadt Tuttlingen die Unterkunft ab 1. September von der Wohnbau anmieten und dort Plätze als Anschlussunterkunft für Flüchtlinge anbieten. Das geht, weil alle Bewohner der Moltkestraße dann mindestens 24 Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft gelebt haben. „Dieses Gebäude eins zu eins weiterzunutzen geht allerdings nicht, es wird sich auf jeden Fall einiges ändern“, sagt Arno Specht. Neben den baulichen Veränderungen, die im Detail mit der Wohnbau besprochen würden, geht es um die Belegung. Momentan sind die Menschen zum Teil in Vierbettzimmern untergebracht. „Als mittelfristiges Ziel ist geplant, die Zahl der Bewohner zu halbieren“, erklärt Specht, indem für die Flüchtlinge Zimmer und Wohnungen auf dem normalen Wohnungsmarkt gesucht werden sollen. Klare Priorität hätten dabei Bewohner, die in Ausbildung oder Praktika seien. Specht: „Klar, in einem Vierbettzimmer kann man sich nicht zurückziehen, um zu lernen.“Doch dafür brauche es geeigneten Wohnraum.
Ein wichtiger Stichtag ist der 15. September: Kommunen bekommen für alle Personen, die dann in Anschlussunterbringung leben, vom Land im Rahmen des Pakts der Integration eine Pro-Kopf-Pauschale in Höhe von 1125 Euro, und zwar für 2017 und 2018. „Deshalb passt uns diese Übernahme in der Moltkestraße sehr gut, wir passen damit ins Integrationsprogramm “, sagt Specht. Zudem möchte die Tuttlinger Stadtverwaltung sogenannte Integrationsmanager einstellen Allerdings wartet man noch auf die Förderbestimmungen durch das Land, ehe man die Stellen ausschreibt.
Derzeit werden die Bewohner der Moltkestraße wie die der anderen Gemeinschaftsunterkünfte des Kreises durch hauptamtliche Betreuer begleitet, neun Sozialbetreuer kümmern sich dabei um rund 1000 Menschen. Zudem ist die Ini Asyl hier tätig, „wofür wir sehr dankbar sind“, so die Kreisverwaltung.