Seltener Handel um ein Haus in der Bertholdstraße
Stadt verkauft Wohnhaus mithilfe von geheimen Preisgeboten – Ausschreibung in der Immobilienbörse der Stadt
TUTTLINGEN - Wenn am heutigen Donnerstag der Technische Ausschuss um 17 Uhr im Ratssaal zusammentrifft, geht es auch um eine Sache, die die Stadt Tuttlingen nur selten anwendet: der Verkauf eines Wohngebäudes an der Bertholdstraße mittels eines sogenannten „Wiederverfahrens“, einer Art geheimer Versteigerung. Dabei handelt es sich um ein Haus, das zudem eine besondere Geschichte hat.
Fast 50 Jahre lang war das Haus an der Ecke Berthold-/Panoramastraße in der Nordstadt in privater Hand gewesen. Bewohnerin Eugenie Manz hatte einst im Gebäude In Wöhrden 44 gewohnt. Doch als im Jahr 1970 die Wöhrdenbrücke gebaut wurde, musste ihr Haus weichen. So bot ihr die Stadt Tuttlingen einen Tausch an: Manz bekam zum Wohnen das damals fast neue Haus an der Bertholdstraße 2, die Stadt Tuttlingen zum Abriss die Immobilie In Wöhrden 44. Gleichzeitig sicherte sich die Kommune das Wiederkaufsrecht, sollte Manz das Gebäude verkaufen oder aus dem Leben scheiden.
Im Januar dieses Jahres starb Eugenie Manz im Alter von 96 Jahren. Bereits 2008 hatte sie mit Blick aufs nahende Alter ihr Haus wieder der Stadt Tuttlingen vermacht und zuletzt zur Miete gelebt.
Nun steht der nächste Verkauf an: Über die Immobilienbörse der Stadt Tuttlingen öffentlich ausgeschrieben, hatten Interessenten bis Mitte Juni Zeit, bei einem Mindestpreis von 360 000 Euro ein geheimes Gebot abzugeben. Ein Verfahren, das für Kommunen durchaus üblich sei, wie Pressesprecher Arno Specht auf Nachfrage dieser Zeitung mitteilt. In Tuttlingen wurde es bislang nur ein weiteres Mal angewendet – und zwar im Fall einer Immobilie in der Möhringer Battaglia Straße vor zwei Jahren. „Allerdings ist es so, dass sich relativ wenige Immobilien in städtischem Besitz befinden – und wenn, dann meist auch nur deshalb, da es um Sanierung und Umgestaltung geht“, sagt Specht. „Immobilien, die wir nicht zwingend brauchen, werden in der Regel veräußert.“Aus diesem Grund sei auch über eine andere Nutzung, etwa eine Vermietung durch die städtische Tochtergesellschaft Wohnbau, nicht weiter nachgedacht worden.
Fünf Besichtigungen
Wichtig ist der Stadt jedenfalls eines: Geboten werden durfte nur, wer mindestens zwei Kinder hat und das Haus für mindestens zehn Jahre selbst bewohnt. Fünf Besichtigungen hatte es gegeben, zwei Gebote gingen schließlich bei der Stadt Tuttlingen ein.
Welche Familie davon die glückliche sein darf – darüber dürfen nun der Technischer Ausschuss und in der kommenden Woche der Gemeinderat entscheiden. Gerüchten zufolge soll das Höchstgebot vom Sohn eines Gemeindrats kommen.