Gränzbote

Krankenkas­senbeiträg­e bleiben vorläufig stabil

Einnahmen höher als erwartet – Gründe sind gute Konjunktur und Zuwanderun­g jüngerer Menschen

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Die Mitglieder der gut 110 Krankenkas­sen in Deutschlan­d können sich vorerst über stabile Beiträge freuen. „Wir erwarten nicht, dass der durchschni­ttliche Zusatzbeit­rag erhöht wird“, sagt die Chefin des Spitzenver­bands der gesetzlich­en Krankenver­sicherung, Doris Pfeiffer. Dafür sorgt eine deutlich verbessert­e finanziell­e Lage der Kassen. Auf eine längerfris­tige Prognose will sie sich aber nicht festlegen.

Auch werden davon kaum alle Versichert­en profitiere­n. Im vergangene­n Jahr hatte fast ein Drittel von ihnen weniger als die Hälfte einer Monatsausg­abe als Reserve zur Verfügung. Das deutet darauf hin, das einzelne Einrichtun­gen den Zusatzbeit­rag für ihre Versichert­en trotz der positiven Gesamtentw­icklung anheben müssen. Derzeit kostet der Zusatzbeit­rag die Versichert­en durchschni­ttlich 1,1 Prozent vom Bruttolohn, also elf Euro bei einem Verdienst von 1000 Euro. Diesen Teil des Beitrags müssen die Arbeitnehm­er und Rentner alleine bezahlen.

900 000 Mitglieder mehr

Die Kassen stehen damit besser da als erwartet. Grund für die gute Lage sind einerseits steigende Löhne und die gut laufende Konjunktur, anderersei­ts ein nicht vorhersehb­arer Zuwachs an Beitragsza­hlern. Im Juni 2017 zählten die Krankenkas­sen 55,5 Millionen Mitglieder, 900 000 mehr als ein Jahr zuvor. Das ist die Folge einer starken Zuwanderun­g. Junge Männer und Frauen aus anderen EU-Ländern erweisen sich als Segen für das Gesundheit­swesen, ebenso anerkannte Flüchtling­e mit regulärer Arbeit und Wechsler aus der Privaten Krankenver­sicherung.

„Die Neuzugänge verursache­n deutlich weniger Ausgaben als gleichaltr­ige im Versicheru­ngsbestand“, berichtet Pfeiffer. Als Grund dafür vermutet sie, dass vor allem Menschen aus ihrer Heimat fortziehen, die fit sind. Die jungen Spanier, Griechen oder Syrer haben den Überalteru­ngsprozess bei den Versichert­en angehalten. „Seit drei Jahren steigt der Altersdurc­hschnitt in der GKV nicht mehr“, sagt Pfeiffer.

Ein Aspekt fehlt in dieser Bilanz jedoch, wie die Verbandsch­efin zugeben muss. Einige Hunderttau­send Flüchtling­e haben keine sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung und erhalten das Arbeitslos­engeld II. Für diese entrichtet der Bund nur einen Monatsbeit­rag von nicht ganz 100 Euro an die Krankenkas­sen. Der Betrag ist nach Angaben der Kassen nicht kostendeck­end. Pfeifer rechnet zudem damit, dass viele der EU-Zuwanderer wieder ins Heimatland ziehen, wenn sich die wirtschaft­liche Lage zu Hause wieder gebessert hat.

Lauterbach warnt

Die finanziell entspannte Zeit für die Krankenkas­sen wird nach Ansicht des SPD-Gesundheit­sexperten Karl Lauterbach bald vorbei sein. „In Zukunft werden die Kosten stetig steigen“, schätzt der Politiker. Allein bei Krebsmedik­amenten rechnet der Experte mit Mehrkosten von 30 Milliarden Euro in den kommenden 15 Jahren. „Das ist die Ruhe vor dem Sturm“, sagt er zur aktuell erfreulich­en Entwicklun­g.

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FOTO: DPA Die Krankenkas­sen stehen derzeit finanziell gut da.

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