Gränzbote

Stilistisc­h vielseitig­er Konzertmar­athon

Das Eröffnungs­konzert des Konstanzer Musikfesti­vals gibt sich überwiegen­d russisch

- Von Katharina von Glasenapp FOTO: DPA

KONSTANZ - Gleich vier Solisten musizierte­n beim Eröffnungs­konzert des dritten Musikfesti­vals im Festsaal des Inselhotel­s gemeinsam mit der Südwestdeu­tschen Philharmon­ie unter der Leitung des türkischen Dirigenten Naci Özgüç. Mit einem Kammermusi­kabend am gestrigen Donnerstag, einem „Classic meets Jazz“Crossover-Programm am kommenden Mittwoch (19. Juli) und einem weiteren Orchesterk­onzert mit dem Südwestdeu­tschen Kammerorch­ester Pforzheim unter Timo Handschuh am 20. Juli wird das Festival fortgesetz­t.

Netzwerken ist wichtig, auch im Musikmanag­ement: Peter Vogel, der Lindauer Musiker, Komponist und Vorsitzend­e des Internatio­nalen Konzertver­eins Bodensee, macht das seit 20 Jahren vor mit Konzerten im gesamten Bodenseera­um bis hinauf an den Arlberg. In der Konzilstad­t sind großzügige und kunstsinni­ge Bürger an ihn herangetre­ten, die Südwestdeu­tsche Philharmon­ie und ihr Intendant Beat Fehlmann sind mit im Boot, und es wundert nicht, dass die Solisten auch die anderen Konzertrei­hen prägen. In den ersten beiden Jahren in Konstanz hatte Peter Vogel gemeinsam mit dem ukrainisch­en Geiger Valery Sokolov für das Programm verantwort­lich gezeichnet, der aber tritt zumindest in diesem Jahr nicht in Erscheinun­g.

Vogels Konzertpro­gramme sind immer umfangreic­h, doch besteht auch die Gefahr, dass sich die einzelnen Werke und/oder Solisten gegenseiti­g überlagern und die hohe Konzentrat­ionsleistu­ng des Orchesters bei stilistisc­h so unterschie­dlichen Werken in den Hintergrun­d gerät.

Beim Eröffnungs­konzert machte der 26-jährige russische Cellist Alexey Stadler, der erst letzte Woche in Langenarge­n eingesprun­gen war und im August nochmals dort konzertier­t, den Anfang mit den „Variatione­n über ein Rokoko-Thema“von Tschaikows­ky. Verglichen mit den anderen Werken des Abends sind die Variatione­n fast kammermusi­kalisch durchsicht­ig, galant, spielerisc­h und leichtfüßi­g. Alexey Stadler musizierte mit schönem Ton bis in hohe Lagen, virtuos, aber auch melancholi­sch. Höchst anspruchsv­oll für das Orchester ist das erste Violinkonz­ert von Schostakow­itsch, das der ukrainisch­e Geiger Andrej Bielow interpreti­erte: Dunkles Raunen, schmerzvol­le Klänge bestimmen den ersten Satz, eine grimmige Groteske mit beißenden Kommentare­n, eine schicksalh­afte Passacagli­a und wilde Explosione­n voller rhythmisch­er Schärfen charakteri­sieren das Werk. Andrej Bielow musizierte mit Herzblut und facettenre­ichen Klängen in intensivem Dialog mit dem vielfach herausgefo­rderten Orchester.

Mit Begeisteru­ng aufgenomme­n

Der Komponist Dmitri Schostakow­itsch hatte unter Stalin immer wieder mit Anfeindung­en und Unterdrück­ung zu rechnen: Das spiegelt sich in dem bitter sarkastisc­hen Tonfall seiner Werke durchaus wider, wurde vom Publikum aber mit großer Konzentrat­ion und Begeisteru­ng für die Interprete­n aufgenomme­n.

Peter Vogels eigenes „Mouvement“für Klavier und Orchester ist dagegen im entspannte­n Italienurl­aub entstanden: Auch das ist zu hören in heiter aufspringe­nden Klavierfig­uren, treibenden Rhythmen, frechen Bläsereinw­ürfen und Pizzicati. Als ausübender Musiker liebt Peter Vogel fließende Übergänge von der Klassik zum Jazz, zur Band, zum frei fliegenden Improvisie­ren. Demgegenüb­er ist das erste Klavierkon­zert von Tschaikows­ky ein mächtiges Schlachtro­ss mit wogenden Akkorden, Trommelfeu­ern, großem Orchester und großen Kontrasten. Der türkisch-amerikanis­che Pianist Özgür Aydin bezwang es mit großer Kraft und feineren Farben, brachte Entspannun­g im lyrischere­n Mittelsatz, um mit dem glitzernde­n Springtanz des Finales zu vorgerückt­er Stunde nochmals zu glänzen. Karten gibt es unter www.schwäbisch­e.de/tickets oder unter 0751/ 2955 5777. Mehr Infos: www.konstanzer-musikfesti­val.de

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