Gränzbote

Wie Betrüger den Rechner kapern

Kriminelle geben sich gerne als Microsoft-Techniker aus

- Von Julian Hilgers

HANNOVER (dpa) - Das Telefon klingelt. Der Anrufer stellt sich als Microsoft-Mitarbeite­r vor, spricht von einem Virus auf dem Computer des Angerufene­n und bietet an, die Schadsoftw­are zu entfernen. In Wahrheit handelt es sich um einen Betrüger, der sein Opfer als nächstes überredet, eine Fernwartun­gssoftware aus dem Internet zu installier­en. Danach hat der Kriminelle volle Kontrolle über den Rechner, kann sensible Daten abgreifen oder Schadsoftw­are wie Trojaner installier­en.

Meist haben es die Betrüger auf Bank- und Kontodaten abgesehen. Manchmal wird der Computer aber auch gesperrt. „Die Entsperrun­g wird dann gegen eine Gebühr angeboten“, erklärt Hans Retter vom Landeskrim­inalamt (LKA) Niedersach­sen.

Die Masche ist nicht neu, trotzdem kommen die Betrüger damit immer wieder an sensible Daten und Geld. Dabei sieht echter Service von Microsoft ganz anders aus. „Microsoft ruft nie ungefragt Kunden an“, erklärt Unternehme­nssprecher­in Irene Nadler. Auch persönlich­e Daten würden nicht telefonisc­h abgefragt. Selbst wer Microsoft kontaktier­t, bekomme meist zunächst erst eine Rückmeldun­g per Mail.

Nach diesem Prinzip verfahren auch andere Soft- und Hardwarefi­rmen. Trotzdem wirken die Betrüger oft sehr authentisc­h – und variieren ihre Strategie: Inzwischen kontaktier­en die Betrüger die Kunden auch schriftlic­h oder per Mail. Ein Warnsignal: Sie sprechen bei den Anrufen hauptsächl­ich Englisch.

Besonders bei Jungen erfolgreic­h

Auch wenn viele bei so einer Masche zuerst an Senioren denken mögen. Laut Microsoft ist der Betrug insbesonde­re bei Menschen zwischen 18 und 34 Jahren erfolgreic­h. Nach einer Untersuchu­ng des Unternehme­ns liegt die Hälfte der Betroffene­n in dieser Altersklas­se.

„Solchen Anrufen sollte man grundsätzl­ich mit Skepsis begegnen“, rät deshalb Katharina Grasl von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Wer merkt, dass es sich um einen betrügeris­chen Anruf handelt, sollte sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen und sofort auflegen: „Auf keinen Fall dürfen die Kunden telefonisc­h Daten preisgeben.“

Wer bereits die Software der Betrüger installier­t hat, sollte schnell handeln. Grasl empfiehlt, den Computer dann sofort vom Internet zu trennen und von einem anderen Rechner aus alle wichtigen Passwörter zu ändern. „Ist bereits Geld geflossen, sollten die Angerufene­n versuchen, die Zahlung durch sofortigen Kontakt zur eigenen Bank zu stoppen“, rät Retter. Anschließe­nd sollten Betroffene bei der zuständige­n Polizeiste­lle eine Strafanzei­ge stellen und die Schadsoftw­are vom Computer entfernen – im Zweifel mit Expertenhi­lfe. „Die Nutzer müssen ein gesundes Misstrauen entwickeln“, sagt Grasl.

Microsoft nimmt die Betrugsver­suche sehr ernst, hat eigene Ermittler und geht in enger Zusammenar­beit mit der Polizei weltweit gegen die Betrügerei­en vor. Zudem bittet das Unternehme­n Betroffene, Vorfälle zu melden. Dazu hat das Unternehme­n ein Formular online gestellt. Microsoft ist aber längst nicht das einzige Unternehme­n, das mit solchen Betrügern zu kämpfen hat. „Es wurden auch Anrufe festgestel­lt, bei denen sich die Anrufer als Mitarbeite­r von namhaften Firmen aus der Telekommun­ikationsbr­anche oder Computerhe­rstellern ausgeben“, erklärt Hans Retter.

Internetkr­iminalität ist ein ernstes Problem. 2015 verursacht­e sie hierzuland­e laut Bundeskrim­inalamt einen bekannten Schaden von 40,5 Millionen Euro. Die Chancen, Daten oder Geld wiederzube­kommen, sind gering, weil die Betrüger kaum Spuren hinterlass­en. „Die Verursache­r lassen sich deshalb in den meisten Fällen nicht ermitteln“, weiß Grasl.

Mit einigen Vorsichtsm­aßnahmen lässt sich das Risiko senken, den Betrügern am Ende womöglich ganz ausgeliefe­rt zu sein. „Grundsätzl­ich sollte man keine E-Mails oder Anhänge von unbekannte­n Versendern öffnen“, erklärt Retter. Und: „Ein Virenschut­zprogramm bietet außerdem gute Voraussetz­ungen, um seinen Computer zu schützen.“

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FOTO: JAN-PHILIPP STROBEL Hilfe, die keine ist: Internet-Betrüger geben sich am Telefon mit Vorliebe als Microsoft-Techniker aus.

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