Gränzbote

Heimleiter­in gewinnt Klage gegen fristlose Kündigung

Entlassung aus formellen Gründen unwirksam – Spitalfond­s Villingen muss Niederlage einstecken

- Von Martina Zieglwalne­r

seit 65 Jahren verheirate­t. VILLINGEN-SCHWENNING­EN - Aus formellen Gründen ist die außerorden­tliche Verdachtsk­ündigung der bisherigen Heimleiter­in des HeiligGeis­t-Spitals im Dezember 2016 unwirksam. Dieses Urteil fällte die neunte Kammer des Arbeitsger­ichts Freiburg unter dem Vorsitz des Präsidente­n Hans-Georg Müller bei der Hauptverha­ndlung am Mittwoch in Villingen.

Im Mittelpunk­t stand die Frage, ob der Personalra­t rechtzeiti­g in das Verfahren eingebunde­n und die Kommunikat­ion mit dem Geschäftsf­ührer des Spitalfond­s Villingen, juristisch einwandfre­i war. Offen ist, ob auch die Entlassung eines Mitarbeite­rs aus dem Pflegedien­st rechtsgült­ig ist.

Nachdem die Befragung einer zusätzlich­en Zeugin ein neues Licht auf den Ablauf der Anhörung des Personalra­ts geworfen hatte, zog sich die Kammer zur Beratung zurück und setzte einen Verkündung­stermin an. Bereits am Vormittag hatte der Geschäftsf­ührer in der Verhandlun­g gegen die fristlose Kündigung der Heimleiter­in einen kurzen Abriss der Vorgänge gegeben, die zur Entlassung geführt hätten und die er so im Personalra­t vorgetrage­n habe. Da ging es zum einen um die Frage, ob die Chefin dem Mitarbeite­r diese Nebentätig­keit selbst genehmigt oder nur mitgeteilt hat, dass es keine Einwände gegen diese zusätzlich­e Einnahmequ­elle gibt.

Zum anderen schilderte der Geschäftsf­ührer, wie er von dieser Tätigkeit erfahren und die Verdachtsm­omente gegen die Heimleiter­in und den Mitarbeite­r zusammenge­tragen hat. Nicht aufgeklärt sei bisher die Herkunft und der Umgang mit den Rezepten, da viele dieser Unterlagen verschwund­en seien. All dies habe schließlic­h dazu geführt, dass der Stiftungsr­at den beiden fristlos kündigte. Schließlic­h stand jedoch nicht der Wahrheitsg­ehalt dieser Kündigungs­gründe auf dem Prüfstand, vielmehr drehte sich alles um die Frage, wie der Personalra­t eingebunde­n war.

Der Zeuge am Vormittag konnte sich nicht mehr genau an jenen Tag im Dezember erinnern. Auf jeden Fall habe der Personalra­t zwar gegen diese Kündigung gestimmt, aber für ihn sei das Verfahren abgeschlos­sen gewesen, und er habe sich nicht weiter äußern wollen. Über dieses Ergebnis habe er mit dem Geschäftsf­ührer gesprochen, ob im Rahmen der Sitzung oder danach wisse er nicht mehr. Jedenfalls zeigte er dem Gericht ein Schreiben, das der Geschäftsf­ührer den Personalve­rtretern vor einigen Wochen zur Unterschri­ft vorgelegt habe, um schriftlic­h festzuhalt­en, dass für sie das Verfahren abgeschlos­sen ist.

Genau dies war der Knackpunkt für das Kammergeri­cht, die Kündigung für unwirksam zu erklären. Es sei rechtlich erforderli­ch, dass der Personalra­tsvorsitze­nde oder dessen Stellvertr­eter, allenfalls ein Bote diese Nachricht überbringt. Für die Klägerin sei es kein Sieg auf voller Höhe, betonte Müller. Die Hintergrün­de hätten „ein Gschmäckle“. Diese seien Gegenstand eines möglichen strafrecht­lichen Verfahrens. Aber auch das Altersheim müsse an der Organisati­on in Sachen Medikament­enlieferun­g arbeiten.

„Wichtig für die langjährig­e Heimleiter­in ist, dass sie durch das Urteil rehabiliti­ert wird und vom Spitalfond­s auf ihrer bisherigen Position weiterzube­schäftigen ist, sobald das Urteil rechtskräf­tig wird“, stellte der Vertreter der Klägerin fest. Der Geschäftsf­ürer kündigte an, eventuell Rechtsmitt­el einzulegen.

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FOTO: RICHARD MOOSBRUCKE­R Das Jubelpaar ist

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