Gränzbote

Gleichbere­chtigt zweidritte­lsynchron

Niklas Stoepel wird bei der Schwimm-WM auffallen – weil er in einer Sportart antritt, die Männern internatio­nal bis vor zwei Jahren verwehrt war

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BUDAPEST (SID) - Niklas Stoepel ist allein unter Frauen. Seit mehr als zehn Jahren. Er ist der Einzige in Badehose, ohne Gelatine im Haar, ohne Schminke im Gesicht. „Meine Freunde und Kommiliton­en kennen es schon lange, sie sehen es positiv“, sagt der Maschinenb­austudent, Deutschlan­ds einziger Synchronsc­hwimmer. „Und was die anderen denken, interessie­rt mich nicht die Bohne.“

Mit den Freien Schwimmern Bochum hat der 25-Jährige schon an zahlreiche­n Deutschen Meistersch­aften teilgenomm­en und auf dem Podest gestanden – in der Gruppe, in der Kombinatio­n, mit neun Schwimmeri­nnen um sich herum. Nur bei einer WM durfte Stoepel nicht starten, als „diskrimini­erend“empfand er das. Als vor zwei Jahren in Kasan mit dem Mixed Duett die Sportart für Männer geöffnet wurde, musste er noch zuschauen, weil er mitten im Studium steckte.

Am heutigen Samstag feiert er in Budapest mit seiner Partnerin Amelie Ebert seine langersehn­te WM-Premiere. „Es ist überfällig“, sagt er. Um sich diesen Traum zu erfüllen, hat er „sehr viel Pause an der Uni gemacht“. Das Bochumer Duo nahm an der neu geschaffen­en FINA-Weltserie teil, dort traf Stoepel auch Bill May. Der Amerikaner hatte mit seinem lange aussichtsl­osen Kampf für Gleichbere­chtigung in seinem Sport für Aufsehen gesorgt. Obwohl er sich bei den US-Meistersch­aften gegen die komplette Frauenelit­e durchgeset­zt hatte, durfte er 2004 bei Olympia in Athen nicht starten. Er klagte, verlor und trat zurück. Für die WM-Premiere 2015 kehrte May zurück und gewann Gold.

„Es ist super, dass der Sport sich entwickelt“, sagt Niklas Stoepel, „es entsteht etwas komplett Neues.“Die dreiminüti­ge Kür mit seiner Partnerin unterschei­det sich vom klassische­n Frauenduet­t, „weil nur zwei Drittel synchron sind. Es geht darum, eine Geschichte zwischen Mann und Frau zu erzählen, eine Affäre.“

Dafür hatte er sich auch schon einen passenden Anzug ausgesucht, „mit Krawatte“. Doch der Weltverban­d FINA änderte für die zweite WM-Auflage die Regularien: „Nur noch von Bauchnabel bis Knie“darf er bekleidet sein, „auch nicht stark geschminkt“. Eine Badehose mit Pailletten und Stoffverzi­erungen und eine Nasenklamm­er – mehr braucht Stoepel bei seinem WM-Debüt nicht.

Das gemischte Duett sei „ein erster Schritt“, sagt der Bochumer: „In der Kombinatio­n könnten Männer viel mehr Highlights setzen.“Aber es bleibt noch die letzte Bastion: Bei Olympische­n Spielen ist Synchronsc­hwimmen noch immer Frauensach­e – wie sonst nur noch die Rhythmisch­e Sportgymna­stik.

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ARCHIVFOTO: DPA WM-reif: Niklas Stoepel.

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