Teure Imagepflege
VW löst 2019 den langjährigen Partner Mercedes als Sponsor der Nationalmannschaft ab
FRANKFURT (fil/dpa/SID) - Am meisten umstellen müssen werden sich Bundestrainer Joachim Löw, Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff, DFB-Präsident Reinhard Grindel und andere bedeutende Angestellte oder Funktionäre des DFB. Sollten sie, das gleiche gilt natürlich auch für Bundestrainerin Steffi Jones, 2019 noch im Amt sein, müssten sie sich an neue Dienstwagen gewöhnen. Die kämen dann von VW statt von Mercedes.
Seit 1972 ist die Marke mit dem Stern Partner des DFB, seit 1990 sogar Generalsponsor. Doch nach dem Ende des WM-Jahres 2018 ist Schluss. Der DFB entschied sich beim Bieterwettbewerb um die Position des „Mobilitätspartners“, anders als bei den Verhandlungen um den Ausrüster, diesmal gegen die Tradition. Sondern für VW – und das große Geld. Bis zu 30 Millionen Euro sollen die Niedersachsen dem Vernehmen nach ab 2019 pro Jahr bis mindestens 2024 an den DFB überweisen. Mercedes, gerade erst für 41 Millionen beim VfB Stuttgart als Anteilseigner eingestiegen, soll bisher zwischen acht und zehn Millionen Euro pro Jahr zahlen.
Der DFB-Jahresbericht 2015 hatte bei einem Gesamtertrag von 228 Millionen Euro 104,5 Millionen aus Sponsoring und sonstige Vermarktung/Dienstleistungen ausgewiesen. Davon stammten 54,8 Millionen aus „reinem Sponsoring“, wobei der Löwenanteil von Ausrüster Adidas kam, der zuletzt wieder Nike ausstechen konnte im Kampf um das Logo auf dem Adlertrikot.
Bei Mercedes zeigte man sich als fairer Verlierer. „Wir blicken auf über vier Jahrzehnte einer spannenden und überaus erfolgreichen Partnerschaft zurück. Wir wünschen den Nationalmannschaften auch nach unserer Partnerschaft alles erdenklich Gute für eine erfolgreiche sportliche Zukunft“, teilte das Unternehmen mit und verwies darauf, dass man „gemeinsam fünf Fußballweltmeisterund elf Europameistertitel feiern“konnte. Darin inbegriffen auch die Titel der Frauen- und Juniorennationalmannschaften.
Sparkurs scheint passé
„Die signifikante Steigerung der Einnahmen durch den neuen Vertrag gibt uns künftig mehr Spielraum, den vielfältigen Aufgaben des Verbandes nachzukommen und die gemeinnützigen Zwecke noch nachhaltiger umzusetzen“, sagte DFB-Präsident Grindel ohne konkreter zu werden, inwiefern die Mehreinnahmen etwa dem Amateurlager zukommen sollen. „Wir wollen künftig nicht nur Partner der Nationalmannschaften sein, wir wollen an der Seite des gesamten deutschen Fußballs mit seinen 25 000 Vereinen und sieben Millionen Mitgliedern stehen“, versprach Herbert Diess, der Vorstandsvorsitzende der Marke Volkswagen.
Für VW bedeutet die massive Ausweitung des ohnehin schon enormen Engagements im deutschen Fußball einen recht überraschenden Kurswechsel bei den Marketingaktivitäten. Infolge des Abgasskandals war eher ein Rückzug des Autobauers aus dem Fußball oder zumindest ein massiver Sparkurs erwartet worden. Beim Vfl Wolfsburg hatte der Konzern das weitreichende Engagement von rund 80 Millionen Euro pro Jahr in einem ersten Schritt bereits um 20 Millionen Euro gesenkt. Sponsoringverträge mit anderen Bundesliga- und Zweitligavereinen hatte man teilweise auslaufen lassen. Nun die Kehrtwende.
VW, das auch den DFB-Pokal weiter präsentieren wird, steigt endgültig zum Top-Geldgeber im deutschen Fußball auf. Und zahlt ganz schön viel Geld dafür, dass das Trikot der Nationalmannschaft während der Spiele auch künftig ohne Sponsorenlogo auskommen muss und mögliche Marketingaktivitäten der Spieler eher begrenzt sind – die sind schließlich in erster Linie bei ihren Vereinen angestellt und dann auch zuerst noch ihren persönlichen Sponsoren verpflichtet.
Doch die Hoffnung auf einen Imagegewinn durch die Vermarktung der aktuellen Weltmeistermannschaft muss groß sein. „Der DFB beweist mit den deutschen Nationalmannschaften Mut, Innovationskraft und den unbedingten Willen zum Erfolg. Diese Werte gelten auch für Volkswagen“, sagte Diess. Nach dem Abgasskandal haben die Wolfsburger tatsächlich einiges wiedergutzumachen. Der DFB wegen einer anderen Sache aber auch, wie sogar Grindel am Freitag feststellte. „Auch wenn die Vorgänge nicht vergleichbar sind, eint den DFB und VW die Notwendigkeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die richtigen Maßnahmen für die Zukunft abzuleiten“, sagte er in Anspielung auf die Korruptionsaffären rund um die Vergabe der WM 2006.