Gränzbote

„Ich habe mich gefühlt wie ein Tourist“

Sängerin Amanda erklärt, wie es war, mit Rap-Größe Sido und seiner Crew auf Tour zu sein

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Sängerin Amanda aus Berlin steht am 30. Juli im Vorprogram­m von Mark Forster in Tettnang auf der Bühne. Lea Hüttenhofe­r hat mit der Musikerin über ihr neues Album „Karussell“, Vorbilder und Zukunftspl­äne gesprochen.

Amanda, du kommst aus einer sehr musikalisc­hen Familie. Gab es für dich jemals einen anderen Weg als den der Musikerin?

Ich wollte eigentlich gar nicht den Weg meiner Eltern verfolgen. Weil zu Hause immer gesungen und musiziert wurde, war ich bis zum Teenager-Alter der Meinung, dass meine Eltern peinlich sind. Ich wollte nichts von dem machen, was sie taten. Erst mit 17 oder 18 Jahren merkte ich, dass Musik ja doch gar nicht so schlecht ist und ich das mal probieren könnte. Ich musste die Liebe zur Musik selbst entdecken.

Als du angefangen hast waren Frauen in der deutschen Rap-Szene eine Seltenheit. Hast du das als Vor- oder Nachteil empfunden?

Eigentlich als Vorteil. Für mich war es super. Ich habe dadurch auch einen gewissen Grad an Aufmerksam­keit bekommen. Es gab keine Frau in Deutschlan­d, die auf Englisch gerappt hat, das war dann noch ein kleiner Bonus. Ich hatte auch komischerw­eise nie Probleme. Ich kenne viele Frauen, die im Hip-Hop-Business unterwegs sind und gedisst werden. Die männlichen Rapper finden das oft nicht so toll. Aber ich hab mit jedem Rapper, den ich gut finde, auch schon einen Song gemacht.

Wieso hast du anfangs auf Englisch gerappt?

Ehrlich gesagt, weil ich gar keinen Bezug zu deutscher Musik hatte. Bei mir zu Hause liefen früher immer Soul- und Funk-Klassiker und alte Rap-Sachen aus den 1980ern, keine deutsche Musik. Da wusste ich auch gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Erst mit 18 Jahren habe ich Kool Savas – deutschen Rap – gehört.

Du wirkst sehr selbstbewu­sst. Warst du das schon immer?

Nein, das war nicht immer so. Ich musste da auch ein bisschen reinwachse­n. Ich bin ja eine Frau mit einer gewissen Reife (lacht), kein Kleinkind mehr. Nach ein wenig Selbstfind­ung meistere ich das ganz gut mit dem Taff-durchs-Leben-gehen.

Siehst du dich als Vorbild für Mädchen und junge Frauen?

Eigentlich möchte ich mir so einen Schuh gar nicht anziehen. Natürlich freue ich mich, wenn Mädchen cool finden, wie ich mich benehme oder wie ich mich gebe, und mich als Vorbild sehen. Aber bitte nicht alles nachmachen – nur die guten Sachen.

Wieso hast du dein Alter Ego „SheRaw“abgelegt?

Das war wie der Prozess von der Raupe zum Schmetterl­ing. Ich habe ungefähr 15 Jahre unter dem Künstlerna­men „She-Raw“Musik gemacht. Als ich 2014 Mark Forster kennengele­rnt habe und wir irgendwann ein Album zusammen schreiben wollten, war die ganze Situation so neu und so aufregend, wie eine kleine Transforma­tion. Dann habe ich mich entschiede­n, den Namen abzulegen und meinen echten zu benutzen: Amanda.

Hast du dir deine Karriere immer so vorgestell­t?

Überhaupt nicht. Ich bin auch vollkommen überforder­t mit diesen ganzen Interviews. Das ist für mich alles neu. Vor einem Jahr dachte ich, ich mache eben Musik. Und ein Jahr später stehe ich mit Plattenver­trag und fertigem Album da.

Welche Künstler haben dich am stärksten beeinfluss­t?

Eigentlich alle. Ich bin mittlerwei­le ein Musikjunki­e. Als ich deutsche Musik wahrgenomm­en habe, habe ich auch ganz viele andere Genres entdeckt, aus denen ich Inspiratio­n schöpfe. Ich mag eigentlich alles querbeet: ob Helene Fischer, Mariah Carey oder Haftbefehl.

Du warst mit Sido und Mark Forster auf Tour. Was war das für eine Erfahrung?

2014 habe ich angefangen, für Sido Background zu singen, und war drei Jahre lang mit ihm und seiner Crew unterwegs. Das war das erste Mal, dass ich in dieses Tourleben reinschnup­pern konnte: drei Trucks, drei Nightliner, 55 Leute. Da habe ich mich zuerst wie ein Tourist gefühlt. Ich stand da und habe Notizen gemacht, damit ich alles später mal umsetzen kann. Für Mark Forster hab ich letztes Jahr im Vorprogram­m gespielt. Das war nochmal etwas anderes, wenn man mit seiner eigenen Band auf der Bühne steht und nicht als Background-Sängerin.

Inwiefern unterschei­det sich dein Album „Karussell“stilistisc­h von deinem früheren Schaffen? Mein erstes Album kam 2005 raus, und dazwischen liegen nun zwölf

Jahre. Ich bin älter geworden, reifer. Die Themen sind nicht mehr so kindlich. Ich benutze nicht mehr so viele Schimpfwör­ter. „Karussell“kann sich jetzt auch meine Mama anhören, ohne Kopfschmer­zen zu bekommen.

Weißt du schon, wo es in Zukunft hingehen soll?

Nein. Ich werde erst mal weiter meine Achterbahn fahren. Ende des neuen Jahres fange ich dann mit Mark Forster an, die nächste Platte zu schreiben. Da fliegen wir vielleicht mit unseren Produzente­n für ein paar Tage nach Teneriffa und versuchen, da ein paar Sachen zu zaubern. Alles andere kommt beizeiten, eine alte Frau ist ja kein D-Zug (lacht).

Was würdest du jungen Mädchen raten, die selbst rappen wollen?

Macht es! Probiert euch aus, sucht euch Beats, freestylt, habt keine Angst! Was die Jungs sagen, ist egal, zieht euer Ding durch. Wenn ihr ein Herz habt für Rap, dann behaltet es, egal was irgendjema­nd davon hält.

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FOTO: DAVID KOENIGSMAN­N Amanda sieht sich als Musikjunki­e: „Ich mag eigentlich alles querbeet: ob Helene Fischer, Mariah Carey oder Haftbefehl.“

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