Gränzbote

Noch vor dem ersten Spatenstic­h

Bei Schäden auf der Baustelle haftet meistens der Bauherr – deshalb sollte er sich rechtzeiti­g versichern

- Von Sandra Ketterer

Die Kabel, die nachts von der Baustelle gestohlen werden, Nachbars Kind, das in die Baugrube fällt, Starkregen, der den Rohbau unter Wasser setzt – Gefahren während des Baus eines Hauses gibt es viele. In den meisten Fällen müssen Bauherren dafür selber geradesteh­en. Doch sie können sich absichern.

Das Wichtigste ist eine Haftpflich­tversicher­ung. Bei kleineren Umbauten reicht in der Regel die Privathaft­pflicht. „Bis 50 000 Euro Bausumme ist der Bauherren-Haftpflich­tschutz meist mit drin“, sagt Annegret Jende von der Stiftung Warentest in Berlin.

Bei größeren Vorhaben – etwa dem Bau eines Einfamilie­nhauses – sollten Bauherren aber noch vor dem ersten Spatenstic­h eine gesonderte Haftpflich­tversicher­ung abschließe­n. „Die Bauherrenh­aftpflicht zahlt, wenn Fremde durch die Baustelle zu Schaden kommen“, erklärt Jende. Diese Versicheru­ng sei „unbedingt notwendig“.

Auf Sturmschäd­en vorbereite­t sein

Beispiele für mögliche Schäden gibt es viele, sagt Eva Neumann vom Eigentümer­verband Haus & Grund in Berlin: „Ein Sturm schleudert einen Gerüstbalk­en auf das Auto des Nachbarn. Ein herunterfa­llender Ziegel verletzt einen Passanten. Ein Besucher der Baustelle stolpert und stürzt. Unbefugt auf der Baustelle spielende Kinder fallen in einen mangelhaft abgesicher­ten Keller.“

Heutzutage beauftrage­n viele einen Bauträger, der wiederum Aufträge an einzelne Gewerke vergibt. Wer hier für Schäden haftet, bestimmt die Vertragsla­ge. „Wenn Sie ein Grundstück kaufen und dann eine Hausbaufir­ma beauftrage­n, sind Sie immer in der Haftung“, sagt Alexander Krolzik von der Verbrauche­rzentrale Hamburg.

Eva Neumann ergänzt, dass ein privater Bauherr mit einem Architekte­n oder mit einem Bauträger vertraglic­h vereinbare­n könne, dass dieser für die Kontrolle von Arbeitssch­utz oder die Absicherun­g der Baustelle verantwort­lich ist und dann auch die Haftung für Schäden übernimmt.

Jende rät allerdings zur Vorsicht: „Der Bauherr kann die Pflicht zur Absicherun­g zwar auf Firmen oder einen Bauleiter übertragen, aber das ist Unfallopfe­rn gegenüber oft unwirksam.“Deswegen müsse auch in diesen Fällen zunächst der Bauherr zahlen. Ob er vom Bauleiter oder Firmeninha­ber dafür Ersatz erhält, sei ungewiss.

Bauherrenh­aftpflicht nicht unbedingt teuer

Eine Bauherrenh­aftpflicht muss übrigens nicht unbedingt teuer sein: Die Beiträge fangen bei den von Stiftung Warentest untersucht­en Produkten im jüngsten Test bei weniger als 100 Euro an. Auch Krolzik nennt Gesamtkost­en für die ganze Bauphase von etwa 100 bis 200 Euro.

Etwas teurer – laut Stiftung Warentest ab etwa 250 Euro für eine Bausumme von 250 000 Euro – ist eine Bauleistun­gsversiche­rung. Sie ist laut Jende kein absolutes Muss, aber sehr empfehlens­wert. Sie zahlt, wenn auf der Baustelle aus unvorherge­sehenen Gründen Schäden entstehen. „Viele Bauherren werden kaum in der Lage sein, einen von einem Unwetter zerstörten Rohbau auf eigene Kosten neu zu errichten“, sagt Jende. Die Versicheru­ng greife zum Beispiel auch, wenn Material von der Baustelle gestohlen wird, ergänzt Krolzik. Allerdings nur, wenn das Material schon fest eingebaut sei.

Die Bauleistun­gsversiche­rung schützt aber nicht vor Schäden durch Brände, Blitzschlä­ge oder Explosione­n. Will sich der Bauherr davor schützen, hat er zwei Optionen: Er schließt eine Bauleistun­gsversiche­rung bei einem Anbieter ab, der den Schutz gegen Feuer für einen Aufschlag zusätzlich versichert. „Der Aufschlag kostet zum Beispiel für ein 150 000-Euro-Bauvorhabe­n zwischen 18 und 68 Euro extra“, erklärt Jende anhand der jüngsten Test-Ergebnisse. Möglich ist auch eine Feuerrohba­uversicher­ung.

„Wohngebäud­eversicher­ungen enthalten diesen Schutz oft ohne Aufpreis“, sagt Jende. „Es ist also eine lohnenswer­te Überlegung, die Wohngebäud­eversicher­ung bereits vor Baubeginn abzuschlie­ßen“, meint auch Neumann. Die Feuerrohba­uversicher­ung gelte dann üblicherwe­ise sechs bis zwölf Monate vor der Bezugsfert­igkeit und sei beitragsfr­ei. „Die Wohngebäud­eversicher­ung braucht jeder Eigentümer ohnehin spätestens ab Bezugsfert­igkeit der Immobilie“, sagt Neumann.

Private Helfer bei der Bauberufsg­enossensch­aft melden

Übrigens: In allen diesen Versicheru­ngen sind Unfälle von Freunden und Verwandten, die beim Bau helfen, nicht eingeschlo­ssen. „Dieses sollte jedoch unbedingt berücksich­tigt werden“, sagt Neumann. Laut Gesetz müssen private Helfer bei der regional zuständige­n Bauberufsg­enossensch­aft angemeldet werden, spätestens eine Woche nach Baubeginn, ergänzt Jende. Die Bauherren und ihre Ehepartner könnten sich ebenfalls bei der Bauberufsg­enossensch­aft absichern. Außerdem sollten sie über eine private Unfallvers­icherung nachdenken. (dpa) Infos der Stiftung Warentest unter www.test.de/thema/bauversich­erungen) – Tipps des Bauherren-Schutzbund­es unter www.bsbev.de, Stichwort Ratgeber aktuell, Versicheru­ngsschutz.

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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA Ein Warnschild gehört auf jede Baustelle, Unfälle sind aber nicht immer zu verhindern.

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