Der Barfüßige läuft und läuft und läuft
Polizei will den Villinger Aldo Berti aus dem Verkehr ziehen - Noch 37 Tage bis zum Ziel
VILLINGEN-SCHWENNINGEN/ SASSNITZ - Rund die Hälfte seiner Wahnsinnstour hat Aldo Berti schon geschafft. Seine Mission: in 85 Tagen über 2100 Kilometer barfuß durch Deutschland und die Schweiz gehen.
Seit dem 29. Mai ist der Villinger Aldo Berti nun schon auf leisen Sohlen unterwegs in Weltrekordmanier. Auf dem Jakobsweg von Sassnitz auf der Insel Rügen bis zur schwarzen Madonna im Kloster Einsiedeln führt sein Weg.
Schon beim Start auf der Insel begleiteten ihn viele gute Wünsche: „Auf der Straße hupten viele Autos, die Insassen winkten mir fröhlich und freundlich zu. Manche riefen: ,Viel Glück’ oder ,Du schaffst das’.“Und bislang hat er es wirklich geschafft.
Auf seiner Homepage läuft der Countdown. Noch 37 Tage bis zum Ziel. Läuft alles nach Plan, wird er am 20. August angekommen sein. Doch es gab schon Momente, in denen er schon ein paar Zweifel gehegt haben dürfte, ob alles reibungslos läuft. „Pilgern kann gefährlich werden“, weiß Berti jetzt nämlich. Schon am zweiten Tag seiner Reise musste er mit einigen Hürden kämpfen, sich wegen diverser Baustellen etwa 16 Kilometer lang immer an der Bundesstraße entlang quetschen – es goss in Strömen und auch durch Hagelschauer musste er laufen. Die Füße waren so aufgeweicht, dass er fürchtete, „mir könnten heute Nacht Schwimmhäute wachsen“.
Tage später gab es Momente, in denen es so brütend heiß war, dass der Barfußläufer jeden noch so kleinen Schattenwurf ausnutzen musste, und sei es nur der kleine Schattenstreifen der Leitplanke, auf dem Berti dann entlang tänzelte. Auch Schmerzen hat er gespürt – ein geschwollenes Fußgelenk wurde abends mit den Flaschen aus der Minibar gekühlt, „habe dann intensiv meditiert und bin darüber eingeschlafen“. Am nächsten Tag sei dann „das Wunder“geschehen: „Mit jedem Kilometer wurde mein Fuß dicker, aber die Schmerzen weniger und ich konnte fast normal laufen!“ Trotzdem: Er hatte gehofft, dass seine Füße mit der Zeit unempfindlicher gegen steinigen Waldboden werden. „Allerdings muss ich zugeben, dass die Füße, nach jetzt dreiwöchiger Beanspruchung, empfindlicher sind als am Start“, erzählt der Villinger.
Was angesichts all dessen fast nicht mehr möglich schien, bewältigte der Rekordläufer dann am 13. Juni: Die 400-Kilometer-Marke wurde geknackt, vier Tage später schon die 500-Kilometer-Marke.
Um solche Zwischenziele zu erreichen, musste Aldo Berti sich immer wieder neu entdecken, Methoden austesten und auf seinen Körper hören. Da gibt es beispielsweise sein neues Ritual, den „Stundenschluck“: „Da ich immer zu wenig getrunken habe und sich das gegen Ende meiner Tagesetappen in meiner Fitness negativ auswirkte kam ich auf die Idee, immer ab 9.30 Uhr im Stundentakt einen Schluck zu trinken, ob ich Durst habe oder nicht.“Es wirkte.
Trotzdem aber gab es bislang immer wieder Verletzungen, die er kompensieren musste. Gegen eine in den Zeh getretene Glasscherbe half „Skin repair“und Sekundenkleber, bei einer Verletzung am Ballen am 1. Juli jedoch half nichts mehr. Der Läufer hatte sich an einem Stein so sehr verletzt, „dass der Ballen unter meinem linken großen Zeh stark blutete“. Er bekam die Wunde nicht geschlossen. Was nun? Aufgeben? Weiterlaufen? Er stieg ins Taxi, um keine Entzündung oder Blutvergiftung zu riskieren, ließ sich die letzten zehn Kilometer des Tages ins Hotel fahren und erlebte dort den Tiefpunkt seiner Rekordreise: „Im Moment erlebe ich ein echtes Motivationstief. Meine Füße sind wund und erholen sich über Nacht nicht so wie zuvor. Es regnet heftig und ich wünsche mir so sehr, zu Hause zu sein.“
Er wusste, dass ein solches Tief kommen würde. Doch er raffte sich auf: „Werde heute meine Wunden pflegen und morgen geht es weiter!“
Aldo Berti ist weiterhin auf Rekordkurs. Auch wenn sogar die Polizei ihn zwischenzeitlich im wahrsten Sinne aus dem Verkehr ziehen wollte. Ein Streifenwagen hielt in einem Ort namens Gimbte neben ihm, die Beamten hätten viele Anrufe bekommen, dass da ein Verrückter auf der Bundesstraße läuft. „Mir war gar nicht bewusst, dass ich das nicht darf“, sagt Berti lachend und setzte den Weg fort auf einer Ausweichroute, immer seinem Ziel entgegen.