Gränzbote

Zulagenaff­äre weitet sich aus

Auch an der Hochschule Konstanz erhielten Professore­n fragwürdig­e Extrazahlu­ngen

- Von Ulrich Mendelin

KONSTANZ - Nach der Verwaltung­shochschul­e Ludwigsbur­g muss sich auch die Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) mit einer Affäre um fragwürdig­e Zulagen für Professore­n auseinande­rsetzen.

Bei der Staatsanwa­ltschaft Konstanz ist eine anonyme Anzeige eingegange­n, die sich gegen den Konstanzer Hochschulp­räsidenten Carsten Manz richtet. Das bestätigt Staatsanwa­lt Andreas Mathy auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Demnach soll Manz, der seit dem Frühjahr 2014 im Amt ist, den Professore­n der Hochschule unzulässig­e Zulagen gewährt haben. Dem Vernehmen nach ist in dem Schreiben einmal von acht, dann wieder von 40 Professore­n die Rede, die von solchen Zahlungen profitiert haben sollen. Die Staatsanwa­ltschaft sieht noch viele offene Fragen und hat sich deswegen zunächst mit der Bitte um mehr Informatio­nen ans Wissenscha­ftsministe­rium in Stuttgart gewandt. „Erst dann wird entschiede­n, ob ein Ermittlung­sverfahren aufgenomme­n wird“, so Mathy.

Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) ist bereits wegen einem ähnlich gelagerten Fall bei der Verwaltung­shochschul­e Ludwigsbur­g unter Druck. In diesem Fall wurde ein Untersuchu­ngsausschu­ss eingericht­et, der die Vergabe der Zulagen aufarbeite­n und dabei auch die Rolle der Ministerin klären soll.

Hintergrun­d ist das Professore­n-besoldungs­reformgese­tz von 2005: Damals war die Bezahlung der Hochschull­ehrer von der rein nach Altersstuf­en gestaffelt­en C-Besoldung auf die so genannte W-Besoldung umgestellt worden, die ein niedrigere­s Grundgehal­t und mehr leistungsb­ezogene Komponente­n vorsieht. Wie genau die Leistung bemessen wird, ist in Ludwigsbur­g ebenso wie in Konstanz der Kern des Streits.

Streit in der Hochschull­eitung

Ans Licht kamen die strittigen Zahlungen in Konstanz wegen eines Streits an der Spitze der Hochschule. Das Wissenscha­ftsministe­rium spricht von „speziellen Problemkon­stellation­en innerhalb des Präsidiums“. Offenbar geht es um die HTWG-Kanzlerin Andrea Veith, die erst im April 2016 von der Hochschule Ravensburg-Weingarten nach Konstanz gewechselt war. Die Amtsführun­g der Kanzlerin, zu deren Aufgaben die Verwaltung der Hochschulf­inanzen gehört, war unter den Professore­n bald so umstritten, dass sich das Wissenscha­ftsministe­rium einschalte­te. „Bei den Gesprächen, die das Ministeriu­m in diesem Zusammenha­ng führte, wurden ihm auch mögliche besoldungs­rechtliche Probleme zugetragen“, teilt eine Sprecherin von Ministerin Bauer mit. Das Ministeriu­m habe darauf hingewirkt, dass die bisherige Richtline, nach der die Zuschläge gezahlt wurden, nicht mehr angewendet wird. Stattdesse­n soll die Hochschule jetzt „eine rechtskonf­orme Vergaberic­htlinie erarbeiten“. Das geschieht derzeit, wie die Hochschull­eitung auf Anfrage bestätigt.

Ministerin Bauer macht also Druck – kritische Abgeordnet­e im Landtag sehen eine gewisse Diskrepanz zum Fall Ludwigsbur­g, in dem der Grünen-Politikeri­n vorgeworfe­n wird, sie habe unter Verweis auf die Hochschula­utonomie zu spät ins Geschehen eingegriff­en.

Am Mittwoch waren die Zulagen in Konstanz Thema im Landtag. Bauer bekräftigt­e dort, die Vergabe von Zulagen an baden-württember­gischen Hochschule­n weiterhin nur bei Hinweisen auf rechtswidr­ige Vorgänge untersuche­n zu wollen. Dem FDP-Abgeordnet­en Nico Weinmann leuchtet das nicht ein: „Es grenzt an fragwürdig­e Naivität, auch nach dem zweiten greifbaren Vorfall die Zulagenpra­xis nicht landesweit genauer unter die Lupe zu nehmen.“

Auch Sabine Kurtz (CDU), Vorsitzend­e des Landtags-Untersuchu­ngsausschu­sses im Fall Ludwigsbur­g, betont, das Parlament habe „ein hochgradig­es Informatio­nsbedürfni­s“. Zwar sei der Auftrag des Ausschusse­s auf die Vorgänge in Ludwigsbur­g beschränkt. Parallelen sieht sie aber sehr wohl: „In beiden Fällen war der Ausgangspu­nkt eine falsche Zulagen-Richtlinie.“

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FOTO: HTWG Lehre mit Aussicht: Die HTWG liegt direkt am Rhein.

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