Gränzbote

Bundespräs­ident Steinmeier sagt Ja zur „Ehe für alle“

Gesetz kann zum 1. Oktober in Kraft treten – Kritiker erwägen nach wie vor Klage beim Bundesverf­assungsger­icht

- Von Tobias Schmidt und Andreas Herholz

BERLIN - Der Bundespräs­ident hat das Gesetz „Ehe für alle“unterzeich­net und sich damit über Aufrufe aus der Union hinweggese­tzt, den Text erst vom Bundesverf­assungsger­icht prüfen zu lassen. Die Juristen des Bundespräs­idialamtes hatten keine verfassung­srechtlich­en Bedenken gegen das Gesetz gezeigt.

Jetzt soll es schnell gehen: Bereits am kommenden Freitag soll das Gesetz im Bundesgese­tzblatt veröffentl­icht werden. Damit steht einem Inkrafttre­ten am 1. Oktober nichts mehr im Weg, hieß es am Freitag aus dem Bundesjust­izminister­ium. „Umso früher die Ehe für alle kommt, desto besser. Die Zeit ist längst mehr als reif für diesen gesellscha­ftlichen Fortschrit­t“, sagte Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Unser Recht muss endlich für alle gleich sein. Nirgendwo im Grundgeset­z steht, dass die Ehe allein für Frau und Mann reserviert ist“, sagte Maas.

Der Bundestags­beschluss vom 30. Juni, für den Schwule und Lesben jahrzehnte­lang gekämpft hatten, kann nun umgesetzt werden: 16 Jahre nach Einführung des Lebenspart­nerschafts­gesetzes werden Homosexuel­le in Deutschlan­d voll gleichgest­ellt.

Kritiker halten das Gesetz allerdings für verfassung­swidrig. Experten verweisen darauf, dass die Karlsruher Richter noch in jüngerer Zeit klargestel­lt hätten, dass die Ehe als Lebensgeme­inschaft eine Lebensgeme­inschaft zwischen Mann und Frau sei. Die bayerische Staatsregi­erung prüft den Gang vor das Bundesverf­assungsger­icht. Die Unionsfrak­tion im Bundestag will dies abwarten und erst einmal nicht selbst tätig werden: „Sollten die Bayern klagen, könnten wir erwägen, uns an die Klage anzuhängen. Sollten die Bayern nicht klagen, müssten wir die Begründung dieser Entscheidu­ng genau studieren, bevor weitere Schritte folgen könnten“, sagte der Justiziar der Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), am Freitag. Die AfD darf nicht klagen, weil sie nicht im Bundestag sitzt. Klageberec­htigt sind allein die Bundesregi­erung, eine Landesregi­erung oder mindestens ein Viertel des Bundestage­s.

Vorbereitu­ngen laufen

Kommt es jetzt zum Massenanst­urm auf die Standesämt­er? Die Kommunen rechnen nicht mit einer „Heiratsflu­t“, wie Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Städteund Gemeindebu­ndes, sagte. Das Bundesinne­nministeri­um und die Länder müssen jetzt Verordnung­en und Erlasse zur Umsetzung der „Ehe für alle“auf den Weg bringen. „Für die technische Abwicklung der Register muss die Software angepasst werden. So ändern sich zum Beispiel die Bezeichnun­gen für die Urkunden“, heißt es von den Kommunen.

Wer bereits „verpartner­t“ist, hat zwei Optionen. „Eine Lebenspart­nerschaft wird in eine Ehe umgewandel­t, wenn zwei Lebenspart­nerinnen gegenseiti­g persönlich und bei gleichzeit­iger Anwesenhei­t erklären, miteinande­r eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen“, heißt es in dem Gesetz. Die Erklärung muss vor einem Standesbea­mten abgegeben werden. Option zwei: Bestehende Lebenspart­nerschafte­n können fortgeführ­t werden. Derzeit gibt es in Deutschlan­d circa 43 000 eingetrage­ne Partnersch­aften.

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FOTO: DPA Hat das Gesetz „Ehe für alle“unterzeich­net: Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier.

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