Erdstöße im Urlaubsparadies
Mindestens zwei Tote bei Seebeben vor griechischer Ferieninsel Kos
ATHEN (dpa) - Schock im Urlaubsparadies der südlichen Ägäis: Ein starkes Seebeben hat die beliebte Reiseregion in Griechenland und der Türkei erschüttert. Mindestens zwei Menschen kamen in der Nacht zum Freitag ums Leben, mehr als 120 weitere wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Betroffen war vor allem die griechische Ferieninsel Kos. „Die Infrastruktur der Insel ist intakt“, versicherte der griechische Regierungssprecher, Dimitris Tzanakopoulos, am Freitagnachmittag. Deutsche sind laut gut informierten Diplomatenkreisen nicht unter den Verletzten.
Auf den Straßen von Kos herrschte Chaos: Viele Touristen, die keine Erdbeben kennen, hätten nicht gewusst was los war, sagten Anwohner. Zwei junge Urlauber – ein Türke und ein Schwede – wurden von herabfallenden Trümmern der Decke einer Bar getroffen und starben. Weitere 13 Menschen wurden schwer verletzt. Sie mussten in größere Krankenhäuser nach Athen, Rhodos und Kreta gebracht werden. Mehr als 100 andere Anwohner und Touristen wurden leicht verletzt, wie die Behörden mitteilten.
Laut Deutschem Reiseverband (DRV) werden vereinzelt Hotels als nicht mehr sicher eingestuft: Die Reiseveranstalter brächten Urlauber bei Bedarf in anderen Hotels unter, erklärte der DRV. Noch sei die genaue Zahl der Betroffenen unklar. Das Reiseunternehmen TUI teilte mit, man habe derzeit 6400 Urlauber aus Deutschland vor Ort. Ein Krisenstab des Unternehmens sei aktiviert worden, die Reiseleistungen seien aber nicht eingeschränkt.
Die griechische Erdbebenbehörde gab am Freitagnachmittag die Stärke des Bebens mit 6,6 an, die USErdbebenwarte (USGS) maß 6,7. Es folgten Dutzende Nachbeben. Seismologen sagten, es sei in den nächsten Stunden und Tagen mit weiteren Erschütterungen zu rechnen. Man sollte Gebäude, die sichtbar beschädigt sind nicht betreten.
Die Europäische Union bot Griechenland und der Türkei umfassende Unterstützung an. „Die EU steht uneingeschränkt bereit zu helfen“, teilte Krisenmanagement-Kommissar Christos Stylianides mit. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen verfolge die Entwicklungen rund um die Uhr und könne sofort tätig werden.
Keine Asylsuchenden verletzt
Zudem bot Stylianides den Behörden an, den EU-Satellitenbilder-Dienst EMS zu nutzen. Dieser wurde eingerichtet, um im Katastrophenfall die Lagebeurteilung zu erleichtern. Die Karten des „Copernicus Emergency Management Services“(EMS) können zum Beispiel detailliert das Ausmaß der Schäden zeigen.
Das Seebeben ereignete sich um 1.28 Uhr Ortszeit. Es löste einen kleinen Tsunami aus. „Die Wellen waren etwa 60 Zentimeter hoch“, sagte der griechische Seismologe Akis Tselentis im Fernsehen. Das reichte für sichtbare Schäden: Mehrere Boote wurden beschädigt, entlang der aufgerissenen Kaimauern lag Geröll. Der Mini-Tsunami traf auch die Küste der zehn Kilometer entfernten türkischen Stadt Bodrum.
Von den etwa 1830 Asylsuchenden, die derzeit auf Kos in Containern leben, wurde laut Polizei keiner verletzt. Kos war in den vergangenen Jahren als Teil der Flüchtlingsroute in die Europäische Union in den Schlagzeilen.
Das Beben beschädigte neben dem Amüsierviertel von Kos auch zwei Häfen der Insel schwer, den Jachthafen und den Fährhafen. Der Hafenpolizei zufolge konnten zunächst keine Fähren mehr anlegen. Der Flughafen der Insel sei intakt, teilte Verkehrsminister Christos Spirtzis mit. Die Regierung in Athen kündigte zudem an, dass Zivilingenieure in den kommenden Tagen alle Gebäude nach ihrer statischen Sicherheit prüfen werden.
Ränder der Kontinentalplatten
In der Türkei gab es Medien zufolge keine Todesopfer. Das Zentrum des Bebens lag laut US-Erdbebenwarte nahe der türkischen Küstenstadt Bodrum in etwa zwölf Kilometern Tiefe. Nach Angaben des Europäischen Seismologischen Zentrums leben rund eine Million Menschen in der Region, in der die Erschütterungen zu spüren waren.
Erst Mitte Juni hatte auf den Inseln Lesbos, Chios und an der Westküste der Türkei die Erde gebebt. Auf Lesbos kam dabei ein Mensch ums Leben, viele Häuser wurden zerstört.
Im europäischen Raum kommen in Griechenland, den südlichen Teilen des Balkans sowie im Westen der Türkei die meisten Erdbeben vor. Der größte Teil der schweren europäischen Beben ereignet sich nahe den Rändern der Afrikanischen und Europäischen Kontinentalplatte.