Gränzbote

Ohrfeige für die Regierung

- Von Tobias Schmidt politik@schwaebisc­he.de

Ausspionie­ren der Angestellt­en – das geht gar nicht. Das Bundesarbe­itsgericht hat mit seinem deutlichen Urteil zum Verbot von Spähsoftwa­re in Büros der übertriebe­nen Überwachun­g von Mitarbeite­rn am Arbeitspla­tz einen Riegel vorgeschob­en und für die nötige Klarheit gesorgt. Mag die private Nutzung von Arbeitscom­puter und Laptop vielen Arbeitgebe­rn zu Recht ein Dorn im Auge sein und das Vertrödeln der Arbeitszei­t auf Facebook und Co. den Betrieb stören, so muss es bei der Kontrolle der Belegschaf­t Grenzen geben.

Der Einsatz von Software, die jede Tastaturbe­wegung speichert, geheime Fotos von Bildschirm­en anfertigt und die komplette Internetak­tivität detaillier­t protokolli­ert, geht weit über das vertretbar­e Maß der Mitarbeite­raufsicht hinaus. Wäre die Nutzung dieser Software rechtens, würde dies zu einem gefährlich­en Dammbruch führen und der „gläserne Angestellt­e“zur beängstige­nden Realität.

Die Digitalisi­erung der Arbeitswel­t darf das Grundrecht auf informatio­nelle Selbstbest­immung nicht gefährden. Dass es des Urteils des höchsten Arbeitsger­ichtes in Erfurt bedurfte, um diese Selbstvers­tändlichke­it zu bestätigen und eine Kündigung, die alleine anhand von mit der Spähsoftwa­re gewonnenen Daten begründet wurde, abzuschmet­tern, ist eine deutliche Ohrfeige für die Regierung.

Ein Gesetz zum Beschäftig­ungsdatens­chutz ist eine Aufgabe, die nach der Bundestags­wahl im September dringend angepackt werden muss – egal, von welcher Koalition auch immer. Gleichwohl darf das Verbot von Spähsoftwa­re nicht als Freifahrts­chein für all diejenigen verstanden werden, die erhebliche Teile ihrer Arbeitszei­t mit dem Anschauen von Youtube-Videos oder ähnlichen Dingen verschwend­en. Damit schaden sie nämlich auch ihren fleißigen Kolleginne­n und Kollegen. Nichts spricht dagegen, die Leistung der Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er zu überprüfen. Eine digitale Totalüberw­achung mit Spähsoftwa­re ist dafür allerdings nicht notwendig.

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