Gränzbote

90. Geburtstag

Tuttlinger Bildhauer Roland Martin wird 90 Jahre alt

- Von Sieg fried Kasseckert

Die Stadt Tuttlingen ehrt den Bildhauer Roland Martin

TUTTLINGEN - „Es ist eine Kunst, in der Humanismus und Lebensweis­heit zueinander gefunden haben,“so beschreibt die Leiterin der Städtische­n Galerie Tuttlingen, Anna-Maria Ehrmann-Schlindlbe­ck, die Kunst des Tuttlinger Bildhauers Roland Martin. Der kann am Samstag seinen 90. Geburtstag feiern. Schon ein paar Tage zuvor ehrte ihn seine Heimatstad­t mit ihrem Ehrengesch­enk, dem Kannitvers­tan, und der Oberbürger­meister stellte stolz fest: „Roland Martin wurde zum Markenzeic­hen der Stadt.“Fast 40 Arbeiten hat er für Tuttlingen geschaffen. Doch Martin ist mehr als ein lokaler Bildhauer.

Der moderne Mensch

Er war einer der ersten BernsteinS­chüler, Eleve jener privaten Kunstschul­e im ehemaligen Kloster nahe Sulz am Neckar, in dem gleich nach dem Krieg moderne Kunst wieder entstehen konnte. Schon 1952 ließ sich Martin in Tuttlingen als Bildhauer nieder. Es folgten entbehrung­sreiche Jahre. Wer wie Martin damals ungegenstä­ndliche Plastiken aus Beton, Eisen, Aluminium oder Kunststoff schuf, Kunst, die so gar nichts mit der Natur zu tun hatte, galt als Außenseite­r. Das änderte sich, als er 1972 für die Olympische­n Spiele in München eine fast zehn Meter hohe Großplasti­k schuf, eine Licht-Raum-Stele. Roland Martin gelang eine grandiose Erfindung, die er immer wieder variierte, bis er eine radikale Wandlung vollzog hin zum Figürliche­n. Eine seiner wichtigste­n Arbeiten: ein Ensemble mit 120 kleinen Bronzefigu­ren im Tuttlinger Aesculapiu­m.

Als figürliche­r Bildhauer ist Martin, dessen Arbeiten in San Francisco und Mexiko-Stadt stehen, ausgesproc­hen populär geworden. Der Mensch in seiner Einsamkeit und Vereinzelu­ng, der Mensch in seiner klassische­n Nacktheit, meist gesichtslo­s, ein moderner Mensch, dem Lebenskamp­f ausgesetzt – das ist seit Anfang der 1970er-Jahre sein Thema.

Roland Martin wolle die Menschen zeigen, wie sie sind und wie sie sein könnten, sagte Volker Kauder in seiner Laudatio auf den Künstler. Der CDU-Politiker ist ein langjährig­er Freund Roland Martins . Weil Tuttlingen keine Ehrenbürge­rwürde kennt, bekam Roland Martin auf Beschluss des Gemeindera­ts den Kannitvers­tan. Es ist die höchste Auszeichnu­ng, die die Stadt zu vergeben hat. Die berührende Geschichte des Kannitvers­tan: Wie Johann Peter Hebel schrieb, kam ein Tuttlinger Handwerksb­ursche einst nach Amsterdam und lernte dort, dass Reichtum nicht alles bedeutet.

Kuriosum am Rande: Die Figur des Kannitvers­tan hat Roland Martin als Gewinner eines Wettbewerb­s einst selbst modelliert. Etwa ein Dutzend Mal vergab die Stadt bisher ihr Ehrengesch­enk.

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FOTO: ARCHIV/HO
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FOTO: KN Roland Martin bei der Arbeit.

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