Angeln, wo andere urlauben
Kurt Lamprecht, Jugendwart des Trossinger Angelvereins, hat schon von Spanien bis Florida Fische gefangen
TROSSINGEN - Seinen ersten Angelschein hat Kurt Lamprecht beantragt, ohne je selbst eine Angel ausgeworfen zu haben - nur, weil ein Kollege seine Neugierde für den Sport weckte. Heute hat der 67-Jährige schon auf der halben Welt gefischt - wo andere Badeurlaub machen, sind Ferien für ihn vielmehr mit dem Angeln verbunden.
Immer, sagt der Jugendwart des Trossinger Angelvereins, sei das natürlich nicht so gewesen. Früher angelte er im Familienurlaub hauptsächlich, um die Speisekarte aufzubessern. Irgendwann fuhr er dann in den Urlaub, speziell um zu angeln.
Zum Angelsport kam Kurt Lamprecht spät: Es war nichts, was ihn in seiner Kindheit und Jugend reizte. „Wir wohnten zwar in Sichtweite eines Bachs, aber der war tot“, erinnert sich Kurt Lamprecht. Erst, als ihm ein Kollege Mitte der 70er-Jahre auf einer Fortbildung vom Fischen vorschwärmte, entschloss er sich, den Sport ebenfalls auszuprobieren.
Seine erste Angel kaufte er als Vereinsmitglied in Frittlingen, fischricht te mal hier, mal dort in der Region. 1980 wurde er Mitglied im Angelverein Trossingen, dem er beitrat, „weil ich den schönen Weiher von Spaziergängen kannte“. Auch im Urlaub war die Angel dabei. „Ich habe schon versucht, den einen oder anderen Fisch für die Pfanne zu erwischen“, sagt Lamprecht.
Zwischen Thermoanzug und Badehose
Mehr als ein „Zubrot für die Küche“sei das Fischen aber zu der Zeit nicht gewesen, auch wenn sich ihm viele der Angel-Erlebnisse lebhaft ins Gedächtnis gebrannt haben. „1981 war ich mit meiner Frau auf großer Tour durch Norwegen“, erzählt Kurt Lamprecht, „10 000 Kilometer durch Norwegen.“Zweieinhalb Stunden suchte er beim ersten Angel-Stopp nach einem geeigneten Platz. „Und dann waren gleich zwei Plattfische dran - mit einem Wurf zwei Fische, das war nicht schlecht.“Lamprecht schmunzelt.
Seitdem hat er viel gesehen, fischte schon im Thermoanzug in Skandinavien oder in der Badehose in Spanien, wo er nebenbei noch einen Be- für eine Angelzeitung verfasste. In Floridas Binnenland angelte er zwischen Schildkröten, Kolibris, Alligatoren und Weißkopfseeadlern. In den kanadischen Rocky Mountains fuhr Lamprecht schon mal über eine Schotterpiste in ein 60 Kilometer entferntes Dorf, um Köder zu kaufen. „Und das, obwohl ich eigentlich gar keine Angel dabei hatte, weil wir einen normalen Urlaub geplant hatten“, erinnert er sich, „die musste ich mir ausleihen.“Wofür er dann 30 Kilometer Fahrt auf sich nahm. Was ihn noch reizen würde? „Alaska“, sagt Lamprecht, „auch wenn das vielleicht ein Wunschtraum bleibt.“
Immer wieder zog und zieht es ihn auch nach Norwegen, ein Mekka für Angler, das er schon 22 Mal besucht hat. Touren nach Norwegen, sagt Kurt Lamprecht, seien aber immer auch eine Möglichkeit, Leute kennenzulernen und alte Bekannte wiederzutreffen. Er organisiert sich via Internet in einem Angelforum mit 15 000 Mitgliedern. Für das kommende Jahr steht er für eine Tour bereits auf der Warteliste - ratzfatz ausgebucht seinen solche Trips, berichtet Lamprecht. Denn nachdem der Angelsport in den vergangenen Jahren das frühere Image von Langweiligkeit abgeschüttelt und sich zur Trendsportart gemausert hat, sind Angelurlaube - auch bei jungen Leuten - sehr beliebt. Extra Ferienhäuser würden für Angler vermietet, erzählt Lamprecht.
Fragt man ihn, ob es ihm bei all seinen Angelerfahrungen in der Ferne am beschaulichen Weiher im Tiefenbachtal nicht langweilig wird, lacht Kurt Lamprecht und winkt ab. „Hier ist es wirklich schön und die Ruhe kann man wunderbar genießen. Ich bin jetzt seit fast 40 Jahren hier“, sagt er, „man lernt, es zu schätzen.“