Gränzbote

Deutsch-türkisches Verhältnis am Tiefpunkt

Auf Betreiben Ankaras in Spanien festgesetz­ter Schriftste­ller Akhanli wieder frei

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BERLIN/HANNOVER (AFP/dpa) Die Spannungen zwischen Berlin und Ankara haben sich am Wochenende nach einer scharfen persönlich­en Attacke des türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan gegen Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) abermals verschärft. Mit seiner Kritik reagierte Erdogan darauf, dass sich Gabriel Einmischun­gen des türkischen Präsidente­n in den deutschen Wahlkampf verbeten hatte. „Wer bist du denn, dass du mit dem türkischen Präsidente­n redest?“, fuhr Erdogan den deutschen Außenminis­ter an. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) rief türkeistäm­mige Deutsche am Sonntag dazu auf, sich bei den Wahlen „von niemandem von außen beeinfluss­en“zu lassen. Zuvor hatte Erdogan türkischst­ämmige Deutsche aufgeforde­rt, bei der Bundestags­wahl nicht die SPD, Union oder die Grünen zu wählen.

Der auf Druck der Türkei in Spanien festgenomm­ene Kölner Schriftste­ller Dogan Akhanli ist wieder auf freiem Fuß. Außenminis­ter Gabriel geht nicht von einer Auslieferu­ng Akhanlis an die Türkei aus. „Ich bin sicher, dass eine Auslieferu­ng nicht erfolgen wird“, sagte Gabriel am Sonntag in Hannover. Dass die spanische Justiz Akhanli auf Betreiben der Türkei überhaupt festgenomm­en habe, beruhe auf einem unterschie­dlichen Umgang mit Festnahmeg­esuchen über die Internatio­nale Polizeibeh­örde Interpol. Politische Motive ständen bei dem Fall im Vordergrun­d. Die Freilassun­g des Schriftste­llers in Spanien gegen Auflagen „freut mich als ersten Schritt“.

Angesichts der Spannungen zwischen Berlin und Ankara warnte Gabriel vor einer Spaltung beider Bevölkerun­gsgruppen in Deutschlan­d. „Wir dürfen uns nicht gegeneinan­der ausspielen lassen, wir sind ein Land, die Türken gehören zu uns.“

Unionsfrak­tionschef Kauder warnte Ankara vor weiteren Provokatio­nen. „Die türkische Regierung will offenbar die Beziehunge­n zu Deutschlan­d aus innenpolit­ischen Gründen systematis­ch zerstören“, sagte Kauder am Sonntag den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Dem Aufruf Erdogans an die aus der Türkei stammenden Deutschen entgegnete Kauder: „Lassen Sie sich von niemandem von außen beeinfluss­en! Deutschlan­d ist Ihr Land!“

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