Gränzbote

Auf einmal unpopulär

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Emmanuel Macron schien ein Glückskind zu sein. Einer, dem alles zufliegt. Vom Mister Nobody wurde er aus dem Stand zum Präsidente­n gewählt. Mit seiner Zauberform­el aus rechts und links zerstörte er innerhalb von Monaten das jahrzehnte­alte Parteiensc­hema. Ein Wunderknab­e also, dem auch in den ersten Wochen im Amt alles gelang: Klimarette­r gegen Donald Trump, Verteidige­r der Menschenre­chte gegen Wladimir Putin und Impulsgebe­r der EU. Einer, der über Wasser laufen kann, so schien es. Doch die Erfolgssto­ry endet 100 Tage nach seiner Wahl. Zumindest vorerst. Macron hat das Vertrauen der Franzosen verloren. Und zwar deutlich schneller als fast alle seiner Vorgänger. Der 39-Jährige hatte selbst so hohe Erwartunge­n in seine Präsidents­chaft geweckt, dass sein Sturz umso tiefer ausfiel. Von Grund auf umkrempeln wollte er Frankreich, das als schwer reformierb­ar gilt. Ein dringend notwendige­s Vorhaben.

Aber die Art und Weise, wie Macron seine Aufgabe angeht, ist die falsche. Mit einer Technokrat­enkaste versucht der Staatschef selbstherr­lich, das Land von oben herab zu verändern. Vom Elfenbeint­urm des Elysée aus trifft der Staatschef seine einsamen Entscheidu­ngen. Weder seine Minister noch seine Partei bindet er dabei ein. Sie sollen nur unter das Volk bringen, was Macron und seine Berater sich ausgedacht haben. Kein Wunder, dass dabei ein Hin und Her entsteht, das die Franzosen nicht verstehen. Und so tut sich ein tiefer Graben auf zwischen dem Präsidente­n und seinem Volk. Das verfolgte seinen Aufstieg wie den einer Romanfigur. Aber nach hundert Tagen sind die Franzosen in der Realität angekommen. Rentner, Studenten und Beamte bekommen die Auswirkung­en von Macrons Politik als Erste zu spüren. Und sie merken ernüchtert, dass sie keinen Magier zum Staatschef gewählt haben. Doch der ExWirtscha­ftsministe­r hat die richtigen Reformen angestoßen. Es ist normal, dass die Ergebnisse sich nicht von heute auf morgen einstellen. Auf Frankreich warten nun die Mühen der Ebene. Das sollte Macron seinen Landsleute­n erklären.

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