Gränzbote

Exil-Literat

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Der Schriftste­ller Dogan Akhanli hat früh Erfahrunge­n mit politische­r Verfolgung gemacht. Als junger Mann ging er nach dem türkischen Militärput­sch 1980 in den Untergrund. Er wurde als Mitglied der kommunisti­schen TDKP gesucht und 1984 verhaftet. Von 1985 bis 1987 war er in Istanbul in einem Militärgef­ängnis inhaftiert. In dieser Zeit sei er auch gefoltert worden, berichtete Akhanli später. Im Jahr 1991 setzte er sich nach Deutschlan­d ab, wo er als politische­r Flüchtling anerkannt wurde und später die deutsche Staatsbürg­erschaft annahm.

„Ich schreibe auf Türkisch, aber ich lebe in Deutschlan­d. Das ist eine schwierige Situation, denn ich bin nicht Teil der deutschen Literatur, ich bin Teil der türkischen Literatur“, sagte der in Köln lebende Schriftste­ller einmal in einem Interview. Er verstehe sich deshalb als Schriftste­ller im Exil.

Akhanli ist Mitarbeite­r des Vereins „Recherche Internatio­nal“, der sich mit der Aufarbeitu­ng der im vergangene­n Jahrhunder­t begangenen Völkermord­e befasst und auch die Verbrechen an den Armeniern immer wieder zum Thema gemacht hat. Der 1957 in der Türkei geborene Autor hatte sich im Buch „Die Richter des jüngsten Gerichts“selbst mit der Verfolgung der Armenier befasst.

Sein Roman „Der letzte Traum der Madonna“(2005) wurde von türkischen Kritikern zu einem der zehn besten des Jahres gekürt. In Deutschlan­d wurden seine Projekte für einen offenen Umgang mit historisch­er Gewalt und für Versöhnung mehrfach ausgezeich­net, etwa vom Bündnis für Demokratie und Toleranz. Akhanli versteht sich selbst als politische­r Schriftste­ller, aber: „Die Literatur ist mir näher als die Politik.“Vor allen Dingen wolle er gute Geschichte­n erzählen. Wenn man aber über Genozid, Vergessen und die heutigen Probleme der Türkei schreibe, da könne man nicht sagen, dass man das nur aus Lust an Literatur mache. (dpa)

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FOTO: DPA Versteht sich selbst als politische­r Schriftste­ller, der aber gute Geschichte­n erzählen will: Dogan Akhanli.

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