Gränzbote

Der IS im panarabisc­hen Würgegriff

- Von Michael Wrase, Limassol

Gerade sechs Wochen sind vergangene­n, seit der irakische Regierungs­chef Haidar alAbadi die „endgültige Befreiung“von Mossul von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) verkündete. Die schwarze Armeeunifo­rm, in die sich der Iraker hineingezw­ängt hatte, trug Abadi auch am Samstag, als er den Beginn eines Grossangri­ffes auf die noch vom IS gehaltene Stadt Tal Affar ankündigte. Die Terroriste­n müssten sich zwischen Aufgabe und Tod entscheide­n.

„Wir haben alle unsere Schlachten gewonnen“, behauptete al-Abadi. Der IS befinde sich dagegen auf breiter Front auf der Verlierers­trasse. Ähnlich optimistis­ch äusserten sich die Kommandant­en der pro-iranischen Schiitenmi­liz Haschd al-Tschaabi, deren Kämpfer den IS in Tal Affar umzingelt und damit vom Rest des Landes isoliert haben. Wie in Mossul könnte sich auch der Kampf um Tel Affar über Monate hinziehen.

Aus der nordirakis­chen Stadt stammen die erfahrenst­en Kommandeur­e der Terrormili­z. Entspreche­nd hartnäckig dürften sie ihre „Heimaterde“verteidige­n und dabei auch Zivilisten als menschlich­e Schutzschi­lde missbrauch­en. Mehr als 30 000 Zivilisten sollen noch in der 70 Kilometer westlich von Mossul liegenden Stadt eingekesse­lt sein. Die meisten von ihnen sind Angehörige der schiitisch-turkmenisc­hen Minderheit, welche unter den Exzessen des IS besonders zu leiden haben.

Im Gegensatz zur irakischen Armee brauchen die Soldaten der libanesisc­hen Streitkräf­te bei ihrem am Samstag gestartete­n Vorstoss gegen den IS keinerlei Rücksicht auf Zivilisten nehmen. Diese haben die im Gebirge liegenden Grenzregio­nen mit Syrien längst verlassen. Auch die Kampfmoral der rund 800 weitgehend eingekesse­lten IS-Kämpfer scheint nicht mehr hoch zu sein. Der Fernsehsen­der der Hisbollah, deren Milizionär­e von Syrien aus die Dschihadis­ten attackiere­n, zeigte etwa 50 erschöpfte Männer, die vor einem Checkpoint der schiitisch­en Miliz die weisse Fahne der Kapitulati­on schwenkten. „Wir sind fertig“, sagten sie dem Reporter.

Sowohl an den Offensiven gegen den IS im Libanon und Syrien als auch bei den Vorstößen gegen die Terrormili­z im Irak sind pro-iranische Milizen maßgeblich beteiligt. In Syrien werden einige Frontabsch­nitte mittlerwei­le ausschlies­slich von iranischen Revolution­sgardisten und deren afghanisch­en Hilfstrupp­en gehalten. Ohne die ganz massive Interventi­on aus Iran wäre Baschar al Assad nicht mehr an der Macht.

Wie es jetzt aussieht, könnte der Diktator den Krieg sogar gewinnen oder mit der Rückerober­ung der öl – und gasreichen Wüstengebi­ete im Zentrum und Osten des Landes für einen Zustand sorgen, welcher dem syrischen Regime den langsamen Wiederaufb­au des Landes ermöglicht. Gleichzeit­ig wird die Achse von Teheran-Bagdad-DamaskusBe­irut weiter stabilisie­rt.

Für Israel ist diese Entwicklun­g das „Worst Case Scenario“. Ende letzter Woche hatte Regierungs­chef Benjamin Netanyahu Geheimdien­stchefs nach Washington geschickt. Im Gespräch mit Trumps nationalem Sicherheit­sberater, Herbert Raymond McMaster, sollen sie die USA aufgeforde­rt haben, auch die in die syrische Armee „eingebette­ten“iranischen Kräfte zu bekämpfen. Eine Antwort ist nicht bekannt.

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