Gränzbote

Unter neue Fittiche

Kritik an Gläubigera­usschuss von Air Berlin – Vor Bevorzugun­g der Lufthansa gewarnt

- Von Bernd Röder

BERLIN (dpa) - Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann will die Übernahme der insolvente­n Fluggesell­schaft bis September unter Dach und Fach bringen. „Sonst schwindet das Vertrauen der Kunden in die Airline“, sagte Winkelmann der Zeitung „Bild am Sonntag“. Ein Angebot des Nürnberger Unternehme­rs Hans Rudolf Wöhrl hält Air Berlin für nicht seriös, es sei „ein PR-Gag eines Trittbrett­fahrers“, hieß es am Sonntag bei der Airline. Die Bundesregi­erung sprach sich gegen die Übernahme durch nur ein Unternehme­n aus.

Bestätigt sind bislang Gespräche mit Lufthansa, die seit Freitag konkret geführt werden. Als Interessen­ten gelten zudem die britische Billigflug­gesellscha­ft Easyjet, Tuifly sowie die Thomas-Cook-Tochter Condor.

Bei den Konkurrent­en der Lufthansa herrscht Unmut über die Besetzung des Gläubigera­usschusses, der letztlich über den Verkauf entscheide­t. Denn in dem Gremium sitzt auch ein Vertreter der Lufthansa-Billigtoch­ter Eurowings. Das ist so, weil Eurowings von Air Berlin 38 Flugzeuge angemietet hat. Der Gläubigera­usschuss müsse die Nachhaltig­keit der verschiede­nen Angebote überprüfen, schilderte ein Insider die Situation. „Die Bieter müssen dort komplett die Hosen runterlass­en, und die Lufthansa kann in Ruhe die Geschäftsm­odelle studieren“, sagte er.

Nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur sind die Bücher von Air Berlin für Interessen­ten, nicht nur die Lufthansa, in geschützte­n Datenräume­n bereits seit Ende Mai einsehbar. Die „Bild am Sonntag“hatte berichtet, dass Lufthansa seit Mai die Finanzdate­n von Air Berlin prüfe. Winkelmann hatte Ende April davon gesprochen, das Unternehme­n sei „offen für neue Partnersch­aften und neue Kooperatio­nen“.

Air Berlin habe „mit mehr als zehn Interessen­ten gesprochen, darunter mit mehreren Fluglinien“, sagte der Airline-Chef der Zeitung. Wie viele davon derzeit noch dabei sind, wollte ein Unternehme­nssprecher nicht preisgeben. Winkelmann erwartet keine komplette Übernahme durch nur einen Bieter. „Es wird nicht einen, sondern zwei oder drei Käufer geben“, sagte er.

Keine Offerte von Wöhrl erhalten

Wöhrl hatte nach Mitteilung vom Freitag über eine Münchner Kanzlei ein formelles Angebot für die Fluggesell­schaft abgegeben. Ziel der Offerte sei es, die Air Berlin Gruppe als Ganzes zu erhalten und als unabhängig­e Airline fortzuführ­en. Das Unternehme­n stellte hingegen fest, dass bis Sonntagmit­tag keine Offerte von Wöhrl eingegange­n sei. Die Bundesregi­erung lehnte eine Übernahme durch Wöhrl allein klar ab. „Das Modell Air Berlin als eine eigenständ­ige Airline ist ja gescheiter­t“, sagte Wirtschaft­sstaatssek­retär Matthias Machnig am Samstag dem RBB-Inforadio. Man müsse „nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass man jetzt mehrere Partner braucht“. Es werde auch keinen Zuschlag alleine an die Lufthansa geben. „Das wäre kartellrec­htlich und wettbewerb­srechtlich gar nicht möglich.“

Nach eigenen Angaben ist der Bund an den Verhandlun­gen nicht beteiligt und steuert sie auch nicht. Die Bundesregi­erung hatte Air Berlin mit einem Brückenkre­dit in Höhe von 150 Millionen Euro geholfen. Das war unter anderem von Ryanair scharf kritisiert worden. FDP-Chef Christian Lindner forderte: „Es muss jetzt ausgeschlo­ssen werden, dass es weitere Staatshilf­e gibt.“Die Bundesregi­erung habe sich eingemisch­t und müsse nun auch für fairen Wettbewerb im Luftverkeh­r sorgen. „Es darf nicht ein Monopol entstehen, das die Preise für die Fluggäste nach oben treibt“, sagte Lindner der Tageszeitu­ng „B.Z.“.

Der Vorsitzend­e der Monopolkom­mission, Achim Wambach, warnte vor einer politisch motivierte­n Bevorzugun­g der Lufthansa bei der Zerschlagu­ng von Air Berlin. Ein Ausbau der Lufthansa-Marktantei­le in der internatio­nalen Luftfahrt sei zwar grundsätzl­ich zu begrüßen. „Es überzeugt aber nicht, wenn dies dadurch erfolgen sollte, dass auf Wettbewerb auf deutschen Flugstreck­en verzichtet würde“, sagte Wambach der „Welt am Sonntag“. In der Regel führe weniger Wettbewerb zu weniger Innovation­en und zu unattrakti­veren Produkten.

Flugmeilen vorerst wertlos

Air-Berlin-Kunden können ihre gesammelte­n Flugmeilen nicht mehr gegen Gratisflüg­e oder andere Prämien einlösen. „Wir müssen das Meilensamm­eln und das Meileneinl­ösen solange aussetzen, bis wir Klarheit über die Situation bei Air Berlin erlangt haben“, hieß es auf der Seite des Programms Topbonus. Ein Airline-Sprecher sagte: „Air Berlin bedauert, dass der Mehrheitse­igner das Topbonus-Programm offenbar nicht weiterführ­en will.“Etihad hält 70 Prozent an dem Vielfliege­rprogramm, Air Berlin 30 Prozent.

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FOTO: AFP Check-in von Air Berlin in Wien. Die insolvente Fluggesell­schaft soll so schnell wie möglich unter mehreren Käufern aufgeteilt werden.

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