„Der Vorgang ist rein politisch motiviert“
BERLIN - Ilias Uyar (Foto: Privat), Anwalt des türkischstämmigen deutschen Schriftstellers Dogan Akhanli, fordert im Gespräch mit Tobias Schmidt von Kanzlerin Angela Merkel mehr Konsequenz.
Dogan Akhanli ist nach seiner Festnahme in Madrid wieder auf freiem Fuß. Wie geht es ihm?
Es geht ihm gut. Am Sonntag war er sehr angespannt und angestrengt. Inzwischen hat er sich vom ersten Schock erholt.
Welche Auflagen gibt es?
Er darf Spanien zunächst nicht verlassen und muss sich einmal pro Woche beim Gericht in Madrid melden. Wir müssen uns die Entscheidung der spanischen Justiz nun genau anschauen und analysieren, wie wir weiter vorgehen werden, damit er so rasch wie möglich nach Deutschland zurückkehren kann.
Muss er weiter eine Auslieferung an die Türkei befürchten?
Wir werden alles dafür tun, diese Forderung Ankaras abzuwehren. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies gelingt. Wir haben stichhaltige Argumente dafür, dass mein Mandant Opfer eines konstruierten Falles geworden ist. Ein Gericht in der Türkei hatte Herrn Akhanli schon 2010 von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen. Überdies ist die Menschenrechtslage in der Türkei so desolat, dass seine Auslieferung an das Land nicht zu verantworten wäre. Mein Mandant ist deutscher Staatsbürger.
Was steckt hinter der Festnahme?
Der türkische Präsident Erdogan versucht, seine Kritiker mundtot zu machen, und dies inzwischen nicht nur in der Türkei selbst, sondern auch im Ausland. Erdogan hat Interpol missbraucht, um meinem Mandanten in Spanien festnehmen zu lassen. Der Vorgang ist rein politisch motiviert.
Angela Merkel hat nach der Festnahme Akhanlis Erdogan scharf kritisiert. Ein überfälliger Schritt?
Die kritischen Worte der Kanzlerin waren überfällig. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung schon bei früheren Fällen wesentlich deutlicher gegenüber Erdogan aufgetreten wäre. Es gibt längst Deutsche wie Deniz Yücel und Peter Steudtner, die ohne nachvollziehbare Gründe in der Türkei im Gefängnis sitzen. Die Kanzlerin müsste auch in diesen Fällen konsequenter vorgehen!
Was meinen Sie konkret?
Es müsste intensiver darauf gedrungen werden, dass die Betroffenen konsularischen Schutz erhalten. Und wenn Berlin mit diplomatischen Mitteln nicht durchdringt, muss das Verhältnis zur Türkei auf den Prüfstand gestellt werden.