Gränzbote

„Die Zustände waren unzumutbar“

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BERLIN - Wolfgang Richter (Foto: Alexander Hamacher) früherer Ausländerb­eauftragte­r von Rostock, war vor 25 Jahren im „Sonnenblum­enHaus“in Rostock-Lichtenhag­en, als ein ausländerf­eindlicher Mob Steine warf und an dem Wohnheim Feuer legte. Rasmus Buchsteine­r hat mit Richter gesprochen.

Kam dieser Hass, diese Pogromstim­mung damals überrasche­nd für Sie?

Nein. Über Wochen hatte sich die Zuspitzung vor dem Sonnenblum­en-Haus abgezeichn­et. Ab Ende Juli 1992 standen Flüchtling­e auf der Wiese vor dem Haus, um drinnen in der Zentralste­lle für Asylbewerb­er ihren Antrag zu stellen. Die Zustände waren unzumutbar, für die Flüchtling­e, aber auch für die deutschen Anwohner und die Vietnamese­n nebenan. Ich war im August fast täglich vor Ort. Man konnte fast körperlich spüren, wie sich die Aggressivi­tät immer weiter steigerte.

Wie geht man in Lichtenhag­en heute mit der Erinnerung an damals um?

Es war kein Ereignis, das sich nur auf Lichtenhag­en bezogen hat. Ganz Rostock muss sich dem stellen. Stadt, Politik, Verwaltung, Polizei und Bürgerscha­ft tragen erhebliche Verantwort­ung für das, was geschehen ist. Es hat in den letzten 25 Jahren einen Prozess der Aufarbeitu­ng gegeben, mit Höhen und Tiefen, mit Rückfällen. Aber das Gedenken fasst jetzt Fuß. In Lichtenhag­en werden fünf Stelen eingeweiht, die dazu mahnen sollen, aus den Übergriffe­n zu lernen. Und bald wird es auch ein Archiv mit Fotos und anderem Material von damals geben – für Schulklass­en und alle anderen, die sich damit beschäftig­en wollen.

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