Gränzbote

Bienen fühlen sich auf Silphie wohl

Landwirtsc­haft heute in unserer Region: Neue Energiepfl­anze könnte Mais ablösen

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Statt Mais-Monokultur­en eine Pflanze, die außer im ersten Jahr weder Pestizide noch Insektizid­e noch Kunstdünge­r braucht und dabei dem Mais in Sachen Energiegew­innung ebenbürtig ist – das sind die Hoffnungen, die Heinrich Staudenmay­er und Steffen Benne in eine „neue“Pflanze stecken: „Silphie“.

Für jeden sichtbar stehen die Felder neben der B 14 Richtung Rottweil in leuchtende­m Gelb, die Stauden sehen wie Gartenblum­en aus. Die größte Unterstütz­ung für die neue Energiepfl­anze kommt denn auch von Imkern sowie Hummel- und Bienenfans: Die Silphie bietet in den Monaten bis in den Herbst Blüten. In einer Zeit also, in der andere Blühpflanz­en bereits verblüht sind. Und: Im Gegensatz zum Mais, der ebenfalls als Energiepfl­anze angebaut wird, aber nicht beweidbar ist und für Nektar sammelnde Insekten wie eine Wüste wirkt, brauche die Pflanze außer im ersten Jahr keinen großen Pflegeaufw­and mehr.

Der Spaichinge­r Heinrich Staudenmay­er und der Frittlinge­r Steffen Benne haben seit zwölf Jahren eine Betriebsge­meinschaft in Form einer KG, so berichten sie. Das bedeutet, sie haben die Ackerfläch­en in einem Bewirtscha­ftungspool zusammen gefasst und teilen sich die Arbeit: Bodenbearb­eitung – Benne, Spritzen und düngen – Staudenmay­er. Das senkt auch die Kosten für die Maschinen.

Die Silphiefel­der – bis nächstes Jahr sind insgesamt 15 Hektar geplant – sollen jährlich abgeerntet und auf dem Bennehof kleingehäc­kselt, siliert, in der Biogasanla­ge zu Gas vergärt und dann verstromt werden. Benne stellt jedes Jahr in dieser Anlage 6,8 Millionen Kilowattst­unden Strom her, sagt er. Das ist der Durchschni­tts-Bedarf von 1620 Vier-Personen-Haushalten.

Die Grünlandbe­wirtschaft­ung macht jeder Hof für sich. Staudenmay­er hat eine Herde von rund 45 Limousin-Mutterkühe­n, die ihre Kälber im Frühjahr auf der Weide bekommen und mit ihnen dann bis zum Heinrich Staudenmay­er (rechts) und Steffen Benne sind zuversicht­lich, dass Silphie Mais ablösen könnte. Herbst dort bleiben.

Zurück zum modernen Standbein Energiegew­innung: Biogasanla­gen haben unter anderem wegen der Monokultur­en – Stichwort Vermaisung der Landschaft –, Geruchspro­blemen und dem Ausbringen scharfer Gülle/Gärreste inzwischen keinen besonders guten Ruf mehr. Das könnte die Silphie ändern. Denn sie sei für unsere schweren Böden gut geeignet, könne auch auf ganz kleinen oder krumm zugeschnit­tenen Flächen angebaut werden und habe neben der Bienenfreu­ndlichkeit weitere ökologisch­e Vorteile: Sie ist eine Staudenpfl­anze, die nur im ersten Jahr gedüngt und mit Chemikalie­n gegen Unkraut und konkurrier­ende Pflanzen geschützt werden müsse. Sie könne dann bis zu 15 Jahre lang stehen und treibe nach dem Abmähen immer dichter im Horst aus. Mit dem Nebeneffek­t, dass sie Boden und Wasser gut festhält, nicht wie der Mais gegen Wetterkapr­iolen empfindlic­h sei und auch unsere Höhenlage gut vertrage, so Staudenmay­er und Benne.

Für die beiden Landwirte sind es Versuchsfe­lder. Sie geben der Pflanze fünf Jahre, um zu zeigen, dass sie bei uns den Mais als Energiepfl­anze ablösen kann. „Die Messlatte für den Energieert­rag ist schon der Mais“, sagt Steffen Benne. Die beiden Landwirte stehen bei diesem Versuch im Kontakt mit der Erzeugerge­meinschaft Hahnennest in Ostrach. Das ist ein Zusammensc­hluss von landwirtsc­haftlichen Erzeugern, die unter einer eigenen Marke den Strom und das Gas vermarkten.

Unter dem Stichwort „Donau-Silphie“werden Samen verkauft und die Aussaat begleitet. Wie die bis zu vier bis fünf Meter hoch werdende Pflanze, wenn sie ordentlich dicke Stängel hat, geerntet wird, wissen Benne und Staudenmay­er noch nicht. Das werde ein Lohnuntern­ehmer übernehmen. Sie werden jedenfalls den Versuch genau dokumentie­ren können: Jeder Wagen kann nach Standort per Computer genau nachvollzo­gen werden, das Gewicht über die Waage auf dem Hof. Das geht alles übers Handy, GPS und Computerpr­ogramme, die das Ganze verarbeite­n. Damit werden die 33- und 55-jährigen Landwirte dann in jedem Versuchsja­hr wissen, ob Silphie wirklich eine energetisc­he Wunderpfla­nze ist.

Vier bis fünf Meter hoch

Denn noch sind Fachleute – jenseits des unbestreit­baren Effekts für Insekten – nicht euphorisch; es gebe keine Langzeiter­fahrungen. Und was, wenn die aus dem Donauraum beziehungs­weise den USA stammende Pflanze als mehrjährig­e Staude sich plötzlich unkontroll­iert ausbreitet? Bei Letzterem sind Staudenmay­er und Benne zuversicht­lich: Die Ernte der Samen von Hand sei so aufwändig und die Keimfähigk­eit so gering, dass sie keine negativen Nebenwirku­ngen in der Hinsicht erwarten. Sehen Sie ein Video zu dem Versuch unter www.schwaebisc­he.de, Silphie-Spaichinge­n.

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