Frauenfrage bleibt wunder Punkt der CDU
Chefin der Frauenunion: „Initiativen wurden bisher halbherzig betrieben“
STUTTGART - Es klingt vielversprechend, wenn auch etwas vage. Mit dem Programm „Frauen im Fokus“fördert die CDU Baden-Württemberg Politikerinnen im Land. Die Idee stammt von CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl. Sein Ziel, ab 2011 je einen Prozentpunkt jährlich mehr weibliche Parteimitglieder zu gewinnen, hat er verfehlt. Nun überprüft Generalsekretär Manuel Hagel das Programm. Den Landesparteitag in einer Woche will das Strobl-Lager nutzen, um im Vorstand Zeichen zu setzen – für starke Frauen und für die eigene Machtposition. Davon profitiert zum Beispiel die Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle.
„,Frauen im Fokus’ hat vieles bewegt, aber wir müssen schauen, was noch nicht so gut funktioniert. Da wollen wir zusammen mit der Frauenunion nachsteuern und optimieren“, sagte Hagel der „Schwäbischen Zeitung“.
Ziel verfehlt
Aus seiner Sicht reicht es nicht, den Anteil der Frauen in der CDU zu steigern. Dieser lag 2011 bei 22 Prozent, heute bei knapp 25. Geplant waren mindestens 28. Der Generalsekretär will jetzt handeln. „Unser Ziel ist es, dass Frauen in der CDU in Verantwortung kommen: Als Abgeordnete, als Bürgermeisterinnen, als Landrätinnen, als Fraktionsvorsitzende in Gemeinde- und Kreisräten, aber vor allem auch als CDU Orts- und Kreisvorsitzende“, sagt er.
Inge Gräßle, EU-Abgeordnete und Landesvorsitzende der Frauenunion, ist da skeptischer. Sie lobt Hagel zwar dafür, dass er das Problem erkannt habe. Doch sie ist nach 41 Jahren Parteikarriere ernüchtert: „Ich bin zu lange dabei, um mich von Worten beeindrucken zu lassen.“Das Programm „Frauen im Fokus“hat aus ihrer Sicht eben jene Bereiche ausgeklammert, in denen es um mehr Macht für Frauen geht – also die Mandate in den Parlamenten. Zuletzt scheiterte die Union an den eigenen Ansprüchen bei den Landtagswahlen. In der Fraktion in Stuttgart liegt der Frauenanteil gerade einmal bei knapp 17 Prozent.
„Auf dem Weg zur Männerunion“
Es könnte noch schlimmer kommen. Sollten bei den anstehenden Bundestagswahlen sieben Parteien einziehen, dürften nur CDU-Direktkandidaten den Sprung nach Berlin schaffen. Sprich: Die Landesliste, die sich zu 55 Prozent aus Frauen zusammensetzt, würde gar nicht zum Zug kommen. Damit wären wohl nur drei CDU-Damen aus Baden-Württemberg im Bundestag: Annette Widmann-Mauz s(Tübingen), Karin Maag (Stuttgart) und Ronja Kemmer (Ulm). Derzeit sitzen dort acht CDUlerinnen. „Wenn die CDU im Land eine christdemokratische Männerunion werden will, ist sie auf einem guten Weg“, warnt Gräßle. „Alle Initiativen der vergangenen Jahre wurden offenbar so halbherzig betrieben, dass das jetzt das Ergebnis ist.“
Mit Susanne Eisenmann kandidiert immerhin eine sehr starke CDU-Politikerin für das Präsidium – unterstützt von der Frauenunion. Die Kultusministerin gilt als Vertraute Strobls. Die einstige Schulbürgermeisterin von Stuttgart soll auf den EU-Abgeordneten Daniel Caspary folgen, der sich für einen der drei Stellvertreterposten bewirbt.
Diesen Schachzug werten viele als Versuch, den Strobl-Kritiker Winfried Mack aus dem engeren Führungskreis zu verbannen. Es gibt vier Bewerber für drei Stellvertreter-Posten, die neben dem Ellwanger Mack noch Annette Widmann-Mauz und Thorsten Frei innehaben. Sowohl Mack als auch Frei gelten wegen ihrer Nähe zum Strobl-Rivalen Guido Wolf als geschwächt. Allerdings gibt es auch Stimmen, die hinter Casparys Nominierung regionale Interessen vermuten. Der von Agrarminister Peter Hauk geführte Bezirksverband Nordbaden stellt weder den Landesvorsitzenden noch einen der Stellvertreter. Darüber ärgere Hauk sich seit Langem, sagen CDU-Mitglieder. „Die Zeiten, in denen er sich von Strobl vorschicken lässt, sind vorbei.“
Kritik aus der Fraktion
In der Landtagsfraktion stößt diese vermeintliche Attacke gegen Mack auf Kritik. Unter den Abgeordneten hat Strobl ohnehin nur begrenzten Rückhalt. Fliegt nun mit Mack der einzige Vertreter der Landesparlamentarier aus dem engeren Führungszirkel der Partei, dürfte das Verhältnis weiter leiden.
Mit Unterstützung des Parteichefs Strobl rückt Stefanie Bürkle, Landrätin in Sigmaringen, ins mächtige Präsidium auf. Sie folgt Dorothea Störr-Ritter, Chefin des Kreises Breisgau-Hochschwarzwald. „Ich halte es für wichtig, dass die kommunale Ebene im Präsidium der Landespartei vertreten ist“, begründet Bürkle ihre Bewerbung. „Ich habe schon während der Koalitionsverhandlungen gemerkt, wie wertvoll es ist, wenn Praktiker aus den Kommunen mit am Tisch sitzen. Die kommunale Erfahrung, wie man Ziele in der Praxis umsetzt, und welche Wirkungen eintreten, ist eine wichtige Perspektive.“Bürkle spielte schon in den Gesprächen zwischen CDU und Grünen 2016 eine Rolle und schrieb wichtige Passagen in den Koalitionsvertrag hinein, etwa zur Abrechnung von Flüchtlingskosten. Zum Frauenthema sagt sie nur soviel: „Gemischte Teams arbeiten erfolgreicher.“