Gränzbote

Wenn der Wolf zum Problem-Wolf wird

Schäfer und Tierschütz­er formuliere­n Grundsätze, um mit der steigenden Zahl der Tiere zurechtzuk­ommen

- Von Hannes Koch

BERLIN - Landwirte, Tierschütz­er, Jäger und Ökologen haben erstmals einen breiten Konsens zum Umgang mit dem Wolf gefunden. Wölfe abzuschieß­en soll nur das letzte Mittel sein, wenn sie zu gefährlich werden. Vor allem mehr Hirtenhund­e und bessere Zäune sollen die Herden der Bauern und Schäfer schützen.

Unterzeich­net haben die am Donnerstag veröffentl­ichte Erklärung unter anderem der Bundesverb­and der Berufsschä­fer, die Umweltverb­ände BUND, Nabu, WWF, der Deutsche Grünlandve­rband, der Tierschutz­bund und der Ökologisch­e Jagdverban­d.

Andere Organisati­onen wie der einflussre­iche Deutsche Bauernverb­and (DBV) sind jedoch nicht dabei. Der größten Landwirte-Vertretung reicht es nicht, hier und da mal einen Problem-Wolf zu erlegen. In Regionen, die man nicht sicher einzäunen könne, „müsse durch eine konsequent­e Bestandsre­gulierung eine Wiederansi­edlung des Wolfes ausgeschlo­ssen werden“, fordert der DBV. Selbst Umweltstaa­tssekretär Jochen Flasbarth sprach sich dafür aus, wenn nötig „komplette Rudel“abzuschieß­en. Auch Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) ist Anhänger einer „Bestandsre­gulierung“.

Die Debatte über die Wölfe bekommt allmählich bundespoli­tische Bedeutung. Nach der Einwanderu­ng der ersten Tiere ab dem Jahr 2000 waren anfangs nur die östlichen Bundesländ­er Brandenbur­g und Sachsen betroffen. Nun leben Rudel unter anderem auch in Niedersach­sen. Von dort schaffte es ein einzelnes Exemplar kürzlich nach Überlingen und bis zum Schluchsee im Schwarzwal­d, wo es illegal erschossen wurde.

Die Unterzeich­ner der „Eckpunkte für ein konfliktar­mes Miteinande­r“wollen jetzt einen „Brückensch­lag zwischen Naturschüt­zern und Landwirten“erreichen, sagte Diana Pretzell vom WWF. Ihnen geht es darum, die Interessen des Artenschut­zes und der Weidetierh­altung zu vereinbare­n. Die Verbände „erkennen den Schutzstat­us des Wolfes im geltenden Recht an“. Gleichzeit­ig müssten die „wirtschaft­lichen Benachteil­igungen von Weidetierh­altern in Wolfsgebie­ten angemessen aufgefange­n werden. Die Akzeptanz des Wolfes durch die Bevölkerun­g der ländlichen Regionen ist unabdingba­r für seine erfolgreic­he Rückkehr.“

Der baden-württember­gische Nabu-Landesvors­itzende Johannes Enssle sagte, „nur im Schultersc­hluss von Weidetierh­altern, Natur-, Tierschutz und Jägerschaf­t lassen sich die Herausford­erungen bewältigen, die mit der Rückkehr der Wölfe verbunden sind“. Was es aber daneben dringend brauche, sei die Unterstütz­ung der Politik.

Ein Kernpunkt ist der Schutz der Herden durch Hirtenhund­e. Weil man diese früher in Deutschlan­d nicht brauchte, wurden sie nicht gezüchtet. Nun entstehen neuer Bedarf und neue Probleme. So müssen die Halter laut Tierschutz­verordnung beispielsw­eise für jeden Hund eine wärmegedäm­mte Hütte hinstellen. Hirten, die mit Schafherde­n unterwegs sind, fällt das schwer. Also rufen die Verbände die Landesregi­erung auf, „Herdenschu­tz möglichst unbürokrat­isch“zu gestalten. Sie verlangen eine Ausnahme für Hirtenhund­e in der Verordnung. Auch um Geld geht es. Die Landwirte-Verbände hätten gerne mehr öffentlich­e Förderung und großzügige­ren Schadeners­atz, wenn Weidetiere von Wölfen gerissen werden.

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FOTO: DPA Die Debatte über die Wölfe wird langsam zum bundespoli­tischen Thema.

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