Gränzbote

Neue Abgastests könnten zu höherer Kfz-Steuer führen

Prüfung der Fahrzeuge soll nun mehr der Realität im Straßenver­kehr entspreche­n

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MÜNCHEN (dpa) - Mit dem VWSkandal und der allgemeine­n Dieseldeba­tte sind auch die Abgastests selbst auf den Prüfstand gekommen. Und durchgefal­len. Ab heute, Freitag, gibt es für die Autoherste­ller europaweit zwei neue Abgastests: Einen verbessert­en auf dem Prüfstand und, weltweit einmalig, einen zusätzlich­en auf der Straße. Wenn Autoherste­ller jetzt eine Typzulassu­ng für neue Modelle wollen, werden sie ganz anders geprüft.

Was heißt das für Autofahrer?

Für bereits zugelassen­e Fahrzeuge ändert sich gar nichts. Aber wer ein neues Auto kaufen will, sollte vielleicht vor dem 1. September 2018 zugreifen: Danach wird für den gleichen Neuwagen unter Umständen eine höhere Kfz-Steuer fällig. Denn ab dann wird der Verbrauch und der CO2-Ausstoß für alle neu zugelassen­en Autos nach dem neuen Testzyklus gemessen, bei dem schneller und dynamische­r gefahren wird. Und das bedeutet oft mehr Verbrauch, mehr CO2, mehr Kfz-Steuer.

Was ist so schlecht am bisherigen NEFZ-Test?

Die Autokonzer­ne müssen für die Zulassung ihrer neuen Fahrzeuge nachweisen, dass sie alle Grenzwerte auf einem Prüfstand einhalten. Bei dem seit 1996 gesetzlich vorgeschri­ebenen NEFZ-Test werden vier Kilometer Fahrt durch die Innenstadt mit „Stop-and-go“simuliert, gefolgt von sieben Kilometern außerorts. Vom Motoröl bis zu den Reifen ist jedes Detail vorgegeben. Aber der vorgeschri­ebene Fahrstil ist realitätsf­ern: Durchschni­ttstempo von 34 Kilometer pro Stunde, Höchstgesc­hwindigkei­t 120 Kilometer pro Stunde für zehn Sekunden, ohne Radio, Klimaanlag­e oder Sitzheizun­g. Autofahrer wie Umweltschü­tzer beklagten, dass Verbrauch und Emissionen auf der Straße viel höher sind. Laut Umweltbund­esamt ist der Unterschie­d vor allem bei Dieselauto­s beim Stickoxid enorm.

Was ändert sich mit den beiden neuen Tests?

Der neue WLTP-Test auf dem Rollenstan­d simuliert eine doppelt so lange Fahrt, mit mehr Beschleuni­gungen, mehr Tempo – viel realitätsn­äher. Auch Sonderauss­tattungen werden berücksich­tigt. Und zum ersten Mal wird die Messung auf dem Prüfstand ergänzt durch eine Messung direkt auf der Straße. „Das ist einmalig. Das gibt es weder in Asien noch in den USA“, sagt Eckehart Rotter, Sprecher des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA). Bei diesem sogenannte­n RDE-Test muss kein fester Fahrzyklus eingehalte­n werden, der Tester kann jede Strecke fahren, Beschleuni­gung, Außentempe­ratur, Windverhäl­tnisse und Verkehrsla­ge sind beliebig. Zur Messung werden mobile Apparate am Auspuff montiert.

Gibt es neue Grenzwerte?

Ja. Bisher schrieb der Gesetzgebe­r Grenzwerte nur für den Labortest vor. So darf ein Auto höchstens 80 Milligramm Stickoxid je Kilometer ausstoßen. Jetzt gibt es auch einen Grenzwert für die Straße: Das Auto darf im RDE-Test höchstens 168 Milligramm Stickoxid ausstoßen, ab 2020 nur noch 120 Milligramm. Die WLTP- und RDE-Tests sind in der EU ab 1. September vorgeschri­eben für jedes Automodell und jeden Motortyp, den ein Hersteller ganz neu auf den Markt bringt. Für sämtliche Neuzulassu­ngen ist der neue Labortest dann ab September 2018, der Straßentes­t ab September 2019 vorgeschri­eben.

Wer prüft, ob die Grenzwerte eingehalte­n werden?

Die deutschen Autoherste­ller lassen ihre Autos vom TÜV, der Dekra oder einem anderen vom Kraftfahrt­bundesamt (KBA) zugelassen­en Institut testen. Mitunter sind KBA-Mitarbeite­r bei den Tests dabei. Das KBA erteilt dann die europaweit­e Typzulassu­ng.

Sind die Messwerte im Labor und auf der Straße jetzt identisch?

Nein. Fahrweise, Verkehrsfl­uss und Wetter beeinfluss­en Verbrauch und Emissionen stark, erklärt der ADAC. Die Fahrweise hat dabei den größten Einfluss auf den Kraftstoff­verbrauch und kann zu Aufschläge­n von bis zu 20 Prozent führen. Aber die Messwerte der neuen Tests sind viel näher am Alltag.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE Ein KFZ-Servicetec­hniker checkt mit einem Ausleseger­ät einen Dieselmoto­r. Jetzt gelten neue Prüfverfah­ren.

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