Gränzbote

Ein Kubus an der Autobahn

Emmauskape­lle im Hegau

- Von Antje Merke

HEGAU - 27 der rot eingebunde­nen Bücher sind voll geschriebe­n. Das 28. Buch liegt bereits aus. Wer es durchblätt­ert, findet persönlich­e Notizen, Stoßgebete oder Fürbitten. Es ist eine laufende Chronik der menschlich­en Leiden und Leidenscha­ften, die von jenen Besuchern niedergesc­hrieben wurden, die den Weg zur Autobahnka­pelle an der Raststätte Hegau finden. Manche sind nur einmal hier, andere kommen regelmäßig vorbei. Inzwischen haben mehr als eine halbe Million Menschen die Emmauskape­lle an der A 81 von Stuttgart in Richtung Singen aufgesucht.

Schon von Weitem ist das knapp 13 Meter hohe Kreuz am Eingang zu erkennen. Ein von einer Mauer umgebener Vorplatz mit Brunnen schirmt die Kapelle von der Umgebung ab. Das Kirchlein selbst ist ein schlichter Kubus und wird durch einen schmalen Innengang erreicht. Die Vorderseit­e ist verglast und von einem großen Fensterkre­uz geprägt, dem in der Rückwand ein Kreuz aus zwei schmalen Fensterbän­dern entspricht. Das Innere ist spartanisc­h eingericht­et. Einfache Stühle, ein Tisch als Altar, ein abstraktes dreiteilig­es Gemälde des Sigmaringe­r Künstlers Bernhard Maier, das den Gang der Jünger nach Emmaus thematisie­rt. Einzige Antiquität ist eine gotische Pieta aus dem 16. Jahrhunder­t, eine Leihgabe des Erzbistums Freiburg, gut gesichert hinter Panzerglas.

Der Anfang der Autobahnka­pelle war schwierig und endete mit einer herben Enttäuschu­ng. Der ungarische Stararchit­ekt Imre Makovecz hatte eine beeindruck­ende Rundkapell­e mit Klostergar­ten und gläsernem Kirchturm entworfen. Als nach vier Jahren die Planung fertig gestellt und genehmigt war, waren die Kosten auf das Fünffache angestiege­n und das Projekt damit viel zu teuer Deshalb wurde 2003 ein Architekte­nwettbewer­b ausgeschri­eben. Preisträge­r für den Entwurf war Architekt Rolf R. Bürhaus aus Weingarten. Anfang Juni 2004 begannen die Bauarbeite­n, am 15. Juli 2005 fand die Einweihung statt. Die gesamte Anlage wurde aus naturbelas­senem Beton gebaut. Feuchtigke­it hat jedoch mit der Zeit die Wände geschwärzt 2015 wurde deshalb der Beton gereinigt sowie innen und außen grundiert und mit einer Schutzlasu­r überzogen.

An jedem Sonntag findet um 11 Uhr ein ökumenisch­er Gottesdien­st statt. Ansonsten ist die Emmauskape­lle ein Rückzugsor­t für Reisende, die einen Moment der Stille und inneren Einkehr suchen.

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FOTO: BERNHARD ALBRECHT Klare Formen beeindruck­en bei der Kapelle in Engen.

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