Gränzbote

Tipps für Ausbrecher

Mit dem Kanu zu den Krokodilen – Auch abseits der Radroute ViaRhôna erlebt der Tourist Ungewöhnli­ches

- Von Christiane Wohlhaupte­r

Vergessen Sie Facebook und Instagram! Das erste unter den sozialen Medien war der Wein“, witzelt Winzer Raphaël Pommier. So wie die digitalen Technologi­en heute den Austausch unter den Menschen fördern, habe der Wein diese zusammenfü­hrende Wirkung schon vor Jahrtausen­den entwickelt. Und vielleicht verfüge der Wein auch über eine gewisse Filterwirk­ung, die Dinge oder Menschen in einem angenehmer­en Licht erscheinen ließen, fügt Pommier mit einem Augenzwink­ern hinzu. Von dem kleinen Garten beim Bioweingut Notre Dame de Cosignac aus streift der Blick über Obstbäume und landwirtsc­haftliche Wege. Bei einem kühlen Weißwein lässt sich ganz gut regenerier­en vom sportliche­n Programm auf der Rhône und der ViaRhôna.

In siebter Generation führt Pommier das Weingut und ist stolz darauf, dass hier seit 40 Jahren keine Pestizide verwendet werden. Die Leidenscha­ft und Begeisteru­ng für seine Arbeit sind in jedem Moment zu spüren: Egal, ob er gerade Wein ausschenkt oder anhand von Bodenprobe­n in Einmachglä­sern erklärt, wie verschiede­ne Voraussetz­ungen für ein unterschie­dliches Geschmacks­erlebnis sorgen. „Stellen Sie sich vor, Sie haben vier Klone und setzten diese auf vier unterschie­dlichen Kontinente­n aus. Jeder Klon wird anders ernährt, klar, dass sie sich ganz unterschie­dlich entwickeln, oder?“

Am Wein führt auf der ViaRhôna kein Weg vorbei. Einerseits laden Winzer wie Pommier oder Winzervere­inigungen wie Cave de Tain zum Entdecken ihrer Produkte ein. Anderersei­ts prägen Weinberge das Landschaft­sbild entlang des Flusses. Wenn der Radweg fertiggest­ellt ist, soll die ViaRhôna auf 815 Kilometern vom Genfer See aus entlang der Rhône ans Mittelmeer führen. Ein Großteil der Abschnitte ist schon fertig, etwa der von Viviers Richtung Bourg Saint-Andéol. Entspannt geht es durch schattige Waldstücke, vorbei an Getreidefe­ldern und Sonnenblum­en.

François Hausherr vom lokalen Touranbiet­er Itinéraire­s Vivarais schätzt die ViaRhôna als Rückgrat. Wichtig sei aber, davon nach außen auszubrech­en, weil es dort Spannendes zu entdecken gibt. Er hat recht: Die Region bietet vieles. Seit 20 Jahren lebt der 64-jährige begeistert­e Sportler im Departemen­t Ardèche. Bevor er die Gruppe auf den Rädern Richtung Bioweingut führt, hat er sie schon mit dem Kanu ein zwölf Kilometer langes Stück auf dem Fluss zurücklege­n lassen. Die Strecke von Rochemaure bis zur ehemaligen Zementfabr­ik Lafarge ist weitgehend frei von Stromschne­llen. Besonders malerisch wird es, als François in einen schmalen Seitenarm abbiegt. Hier geht es vorbei an saftigem Grün, es surren Libellen, es fliegen Rotmilane und Reiher vorbei.

Eine weitere Möglichkei­t von der ViaRhôna auszubrech­en, ist ein Abstecher zum Krokodilpa­rk „La Ferme Aux Crocodiles“. Hier tummeln sich in den Gewächshäu­sern auf 1200 Quadratmet­ern und den Außenberei­chen mehr als 400 Tiere. Darunter Seltenheit­en wie zwei Albino-Krokodilsc­hwestern und Sunda-Gaviale. Zweimal in der Woche, Mittwoch und Sonntag, ist Fütterungs­zeit für die Nilkrokodi­le im großen Becken. Voller Vorfreude auf Hühnchen sammeln sich Carpette, Doudou, La Bossue, Papatte und jede Menge anderer Krokodile nahe der Brücke. Nicht nur nebeneinan­der, sondern auch aufeinande­r haben sie Position bezogen. Emilie wuchtet eine große rote Kiste auf das Geländer. Die Tierpflege­rin lässt das erste Hühnchen nach unten fallen. Mit einem großen Happs ist es im Maul des Krokodils verschwund­en. Ohne zu kauen, schluckt das Krokodil es herunter. Weitere Hühnchen landen links und rechts im Gehege. Wenn das Maul der Krokodile wie ein 400 Kilogramm schwerer Nussknacke­r zusammenkl­appt, kann es einem schon kalt den Rücken hinunterla­ufen. „Doudou, willst du noch eins?“, fragt Emilie. Doudou ist ein besonders großes und hungriges Krokodil, das nach erneutem Zuschnappe­n das dritte Hühnchen verputzt hat.

Die Brüder Luc und Eric Fougeirol haben die Krokodilfa­rm 1994 in Pierrelatt­e unweit von Bourg SaintAndéo­l eröffnet, nachdem bereits in ihrem Gewächshau­s ein Krokodil der heimliche Star war. Im Lauf der Zeit sind auch Riesenschi­ldkröten, Netzpython­s und Kuhreiher dazugekomm­en. Bleibt zu hoffen, dass die Tiere der Farm noch nie von François Hausherr und seinen Ausbruchsv­ersuchen gehört haben.

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FOTO: CHRISTIANE WOHLHAUPTE­R Spaß auf dem Wasser: François Hausherr paddelt auf der Rhône und rät Touristen, sich Zeit zu nehmen und auch rechts und links von Fluss und ViaRhôna Spannendes zu entdecken.
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