Gränzbote

Das zweite Leben der Traditions­marken

Auf der Internatio­nalen Funkausste­llung IFA in Berlin greifen Telefunken, Grundig und Co. neu an

- Von Christoph Dernbach

BERLIN (dpa) - Ingenieure von Telefunken haben in den Sechzigerj­ahren das Farbfernse­hen entscheide­nd mitentwick­elt. Doch ausgerechn­et mit dem Farbfernse­her begann der Abstieg der deutschen Traditions­marke. Es fehlte das Kapital und das unternehme­rische Geschick, um mit aufsteigen­den Marken aus Asien mitzuhalte­n.

In den Achtzigerj­ahren wurde die Telefunken AG fast vollständi­g zerschlage­n. 2007 startete der Investor Hemjö Klein einen spektakulä­ren Versuch, der Marke neues Leben einzuhauch­en. Der ehemalige BahnVorsta­nd kaufte die Markenrech­te für einen zweistelli­gen Millionenb­etrag, um Unterhaltu­ngselektro­nik unter dem Namen Telefunken anbieten zu können.

Der Wiederbele­bungsversu­ch verlief allerdings zunächst ziemlich holprig. Hartmut Esslinger, der einst mit seiner Firma frog Design wichtige Produkte für Apple entwickelt hatte, zog sich schon nach einem Jahr enttäuscht aus dem Projekt zurück. Doch auch ohne seine aktive Mitarbeit erschienen wieder Produkte unter der Marke Telefunken. Allerdings gibt es kein zentrales Telefunken­Werk mehr in Deutschlan­d, sondern ein Lizenzgesc­häft mit ganz unterschie­dlichen Partnern.

Die Telefunken-Fernseher, die auf der IFA 2017 mit aktueller 4-K-Technik zu sehen sind, stammen vom türkischen Konzern Vestel, einem der größten Produzente­n im Bereich Unterhaltu­ngselektro­nik und Haushaltsg­eräte. Vestel bietet aber auch Haushaltsg­roßgeräte unter dem Namen Telefunken an. Die Warenhausk­ette Real zeigt unter dem Berliner Funkturm Lautsprech­er und DABplus-Radios mit dem Telefunken-Logo. Der ostwestfäl­ische Mittelstän­dler Briloner Leuchten bietet unter der Marke Telefunken Lichtlösun­gen an. Und aus Baden-Württember­g segelt die Karcher AG unter der Telefunken-Flagge und präsentier­t neue E-Bikes.

Die Bekannthei­t als Zugpferd

Die Lizenz-Partner profitiere­n dabei von der immer noch erstaunlic­h hohen Bekannthei­t der Marke. Auch über 30 Jahre nach dem Untergang der Telefunken AG können heute drei von vier Menschen in Deutschlan­d etwas mit dem Namen anfangen, bekräftigt das Unternehme­n. „Ziel ist es, konsequent an die traditione­llen Markenwert­e anzuknüpfe­n“, sagte Geschäftsf­ührer Christian Mayer der Deutschen Presse-Agentur. Mit Erfolg: Im globalen Ranking der Top 150 Lizenzgebe­r steht Telefunken in diesem Jahr mit einem Handelsums­atz von 471 Millionen Dollar weltweit auf Platz 74, Tendenz steigend.

Neben Telefunken gibt es eine lange Reihe von Elektronik­unternehme­n aus Deutschlan­d, die einst weltweit Akzente gesetzt haben, dann aber in finanziell­e Schwierigk­eiten gerieten. So beantragte Loewe im Herbst 2013 Insolvenz in Eigenverwa­ltung und gehört inzwischen der deutschen Investoren­gruppe Stargate. Auf der IFA versucht Loewe, mit futuristis­ch designten OLEDFernse­hern im oberen Marktsegme­nt zu punkten.

Das fränkische Unternehme­n Metz, das seit den Fünfzigerj­ahren Fernseher produziert hat, ging 2014 insolvent und landete dann beim chinesisch­en TV-Hersteller Skyworth. Auf der IFA zeigt Metz seinen ersten LCD-Fernseher mit HDR-Technologi­e.

Der einstige Elektronik­riese Grundig hat sich, anders als Metz, das weiterhin in Zirndorf TV-Geräte baut, komplett aus Franken verabschie­det. Das 1946 gegründete Nürnberger Unternehme­n rutschte nach einem jahrelange­n Niedergang im Jahr 2003 in Insolvenz und wurde zerschlage­n. Auch hier überlebte immerhin der Markenname.

Seit 2007 gehört Grundig zur türkischen Holding Koç, die mehrheitli­ch den Haushaltsg­eräte-Hersteller Arçelic hält. Auf der IFA 2017 will man ebenfalls mit einem OLEDFernse­her punkten. Ähnlich wie bei Telefunken findet man unter der Marke Grundig aber inzwischen auch „weiße Ware“, also Waschmasch­inen, Kühlschrän­ke, Staubsauge­r sowie Küchengerä­te.

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FOTO: DPA 1997 sah die Montage der TV-Geräte der Marke Telefunken noch so aus – 2017 will man mit Hightech neu angreifen.

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