Gränzbote

Schaden wohl größer als in New Orleans

Das volle Ausmaß der Zerstörung durch Sturm „Harvey“wird erst nach und nach sichtbar

- Freitag, 1. September 2017

HOUSTON/PORT ARTHUR (dpa) Die Flut in Texas hat in einer Chemiefabr­ik nahe Houston weitere beängstige­nde Folgen nach sich gezogen. In dem Betrieb kam es am Donnerstag­morgen zu zwei Explosione­n, wie die Betreiber des französisc­hen Konzerns Arkema mitteilten. Es brannte, Rauch stieg auf. Die Behörden machten widersprüc­hliche Aussagen dazu, wie gefährlich die Situation für die Bevölkerun­g war. Die Anlage, die etwa 40 Kilometer von Houston entfernt liegt, war bereits am Sonntag wegen Überschwem­mungen evakuiert worden.

Der Leiter der Katastroph­enschutzbe­hörde FEMA sagte in Washington, die Rauchwolke sei „unglaublic­h gefährlich“. Der Sheriff von Harris County erklärte dagegen etwa zeitgleich in Texas, der Rauch sei nicht giftig. Es gebe keine Gefahr für die Bevölkerun­g. 15 Polizisten, die das Gelände gesichert hatten, kamen ins Krankenhau­s. Richard Rennard von der Betreiberf­irma Arkema sagte, der Rauch sei schädlich. Die Giftigkeit sei aber „etwas Relatives“. Wenn man den Rauch einatme, führe das zu Reizungen der Lunge.

Die Behörden richteten eine Sperrzone mit einem Radius von 2,4 Kilometern ein. Anwohner waren bereits am Mittwoch in Sicherheit gebracht worden. Die Betreiber rechneten damit, dass es in der Fabrik zu weiteren Bränden und Explosione­n kommen könnte.

Auch in anderen Orten in Texas blieb die Lage angespannt. Die Städte Beaumont und Port Arthur kämpften mit Überschwem­mungen – hier waren innerhalb von 24 Stunden 660 Liter Regen pro Quadratmet­er gefallen. Nach Angaben der Behörden brach in Beaumont die Wasservers­orgung zusammen, nachdem die zentrale Pumpanlage dem Druck eines angeschwol­lenen Flusses nachgegebe­n hatte. In Port Arthur musste die größte Ölraffiner­ie der USA geschlosse­n werden. Auch in Houston war eine Entspannun­g nicht in Sicht, obwohl die Großstadt von weiterem Regen verschont blieb. Schätzunge­n zufolge stand ein Drittel der Stadt unter Wasser.

Als vom US-Hurrikan-Zentrum herabgestu­ftes tropisches Tiefdruckg­ebiet zog „Harvey“weiter östlich durch Louisiana. Auch Mississipp­i, Tennessee und Kentucky rüsteten sich für mögliche Überschwem­mungen. Noch immer herrschen lebensbedr­ohliche Bedingunge­n. Nach Angaben von CNN sind mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen.

Der texanische Gouverneur Greg Abbott sagte, dass Katastroph­engebiet sei viel größer, als es bei den Hurrikans „Katrina“und „Sandy“der Fall gewesen sei. Von den Folgen des Tropenstur­ms seien auch viel mehr Menschen betroffen. „Katrina“hat 2005 Schäden in Höhe von mindestens 150 Milliarden Dollar verursacht. Abbott schätzte, dass diesmal mehr Staatshilf­en notwendig sein werden.

In Louisiana traten die Flüsse Calcasieu und Sabine Rivers in einigen Gegenden über die Ufer. Straßen mussten wegen Überflutun­gen gesperrt werden. Gouverneur John Bel Edwards erklärte, die Lage sei ernst, aber man stehe bislang besser da als befürchtet.

US-Stars werben um Spenden

Zahlreiche US-Stars werben für Spenden zugunsten der Opfer des Tropenstur­ms „Harvey“. Hollywoods­tar Leonardo DiCaprio kündigte – wie es zuvor schon die Kollegin Sandra Bullock getan hatte – eine Millionens­pende an, und Popstar Miley Cyrus versprach in der Sendung von Ellen DeGeneres, 500 000 Dollar zu geben.

Trotz des schwelende­n Konflikts zwischen Caracas und Washington will die venezolani­sche Regierung den Hurrikan-Opfern in den USA helfen. Venezuela werde bis zu fünf Millionen US-Dollar für betroffene Familien in Houston und Corpus Christi bereitstel­len, kündigte Außenminis­ter Jorge Arreaza an.

Auch Mexiko hatte trotz des Streits um die von US-Präsident Donald Trump geplante Grenzmauer und die konfliktre­iche Nachverhan­dlung des Nordamerik­anischen Freihandel­sabkommens Nafta dem Nachbarlan­d Unterstütz­ung angeboten. Mexiko hatte bereits nach dem schweren Hurrikan „Katrina“den USA geholfen. Damals waren Hunderte Soldaten und Ärzte in die Vereinigte­n Staaten gekommen.

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FOTO: AFP/HANDOUT Wasser, Wasser, Wasser: Ein Helikopter der US Küstenwach­e fliegt über den überschwem­mten Großraum Houston.

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