Die Walz führt sie auf den Heuberg
Handwerksburschen Dominic Greßling und Felice Klein sind bei Frech beschäftigt
KÖNIGSHEIM - „Was noch frisch und jung an Jahren, das geht jetzt auf Wanderschaft, um was Neues zu erfahren, keck zu proben seine Kraft…“So heißt es in einem Wanderlied, das der Berichterstatter dieser Zeilen jüngst den beiden jungen Wanderburschen an der Theke im QueensPub vorstellte. Die beiden auf der Walz befindlichen Wanderburschen Dominic Greßling (22) und Felice Klein (31), kannten dieses Lied nicht und doch lenkten sie die Aufmerksamkeit der Queens-Pub-Gäste auf sich, weil sie sich in typischer Handwerkeroder Zimmermannsmontur ein Bierchen gönnen wollten. Weil sie rein optisch aufgefallen sind, sich aber sonst ganz brav den irdischen Genüssen hingegeben haben, lag es nahe, sie zu befragen, woher sie kommen und wohin sie wohl gehen werden.
Beide zeigten sich sehr auskunftsfreudig und erzählten von ihrer Wanderschaft, die sie jetzt auf den Heuberg, genauer gesagt, nach Königsheim geführt hat. Dominic Greßling ist gelernter Tischler und stammt aus Lübeck, Felice Klein ist Ofenbauer und kommt aus Bielefeld. Beide lernten sich vor kurzem in Weimar kennen und streifen seither gemeinsam durch die Lande.
Während Dominic schon zweieinhalb Wanderjahre auf dem Buckel hat, ist sein Kollege Felice erst seit rund einem Jahr unterwegs. Beide aber folgen mit ihrer Wanderschaft einer alten Tradition, die bis ins 12. Jahrhundert zurückgeht. Damals wurden die frisch gebackenen Gesellen vom Meister „freigesprochen“, um auf die Walz gehen zu können. Diese Walz war eine Voraussetzung für die Meisterprüfung. Mindestens drei Jahre und ein Tag sollte der Geselle unterwegs sein und dabei Land und Leute kennenlernen, aber auch seine Handwerkskunst zu verbessern.
Die „Walz“, manchmal auch als „Tippelei“bezeichnet, führte den jungen Schreiner Dominic, den man im Norden als Tischler bezeichnet, im Norden bis nach Norwegen und im Süden bis an die portugiesische Algarve. Sein zwar älterer, aber an Walz-Erfahrung ärmerer Kollege Felice war bislang in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Beide sind jedoch in der Gesellenvereinigung „Fremde Freiheitsschacht“organisiert, die ihnen einen gewissen Rückhalt gibt und sich um die Fortsetzung dieses Brauchtums bemüht.
Junghandwerker helfen dem Jugendwerk
Interessanterweise arbeiten beide aktuell auf ein großes Ziel hin, das vom 28. September bis 3. Oktober beim Allenspacher Hof über die Bühne geht. Zusammen mit der „Horte“, dem evangelischen Jugendwerk und dem Bund der Wandervögel und Pfadfinder organisieren sie ein großes Treffen der Begegnung. Da gäbe es, so die beiden, noch viel zu tun, um dieses Begegnungsfest zu organisieren.
Ihre Handwerkskunst dürfen sie in der Zimmerei Frech in Königsheim unter Beweis stellen. Ihr Meister hat ihnen am Mittwoch ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, mit dem sie nach Wehingen fahren konnten. Aus dem Gespräch ging eindeutig hervor, dass es sich um geradlinige, zuverlässige, freundliche und arbeitswillige junge Männer handelt, die auf der Wanderschaft fürs Leben lernen können und dabei auch die Regel beherzigen, niemals näher als 50 Kilometer vom Heimatort arbeiten zu wollen und nicht länger als drei Monate am gleichen Ort zu verweilen.
Das hat auch „Holzwurm“Erwin Denkinger gefallen, der sich als studierter Holzwirt sehr beeindruckt von den Beiden zeigte. Die Handwerksburschen freuten sich über die freundliche Zuwendung seitens der Heuberger. Sie seien zuvorkommende Menschen und gelegentlich auch bereit, ihnen einen Leberkäs und ein Bier zu spendieren.
Letzteres genehmigte der Berichterstatter den beiden Burschen natürlich gerne. Ganz besonders angetan waren die Beiden, als sie erfuhren, dass sie auf ihrer Walz bei einem Wirt gleichen Namens eingekehrt waren, dessen Tochter sie an diesem Abend wie immer freundlich bediente.