Höhenluft und Gartenlust
Im „Allgäuer Kulturland Artemisia“wird auf die Vielfalt der Natur gesetzt
Eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch: Wer sich von Isny, Wangen oder Lindau in Richtung Oberstaufen aufmacht, kann sich kaum satt sehen an sanften Hügeln, gepflegten Weilern und imposanten Bergrücken. Das Westallgäu präsentiert sich hier als feines Ferienland. Danach steigt das Gelände an, und Skilifte künden vom Wintersport in dieser Region. Auf 900 Meter ist das auch zu erwarten. Weniger zu erwarten ist dort oben dagegen ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich vor allem auf die Produktion von Tees, Kräutersalzen, Räucherwaren und die Aufzucht von Gewürzund Heilpflanzen spezialisiert hat. Das „Allgäuer Kulturland Artemisia“punktet mit diesen Produkten und ist ein Ausflugsziel für alle, die nicht nur die Aussicht genießen wollen, sondern sich auch für den Erhalt einer vielfältigen Natur interessieren.
Pflanzen- und Tiervielfalt
Eine Bezahlschranke sucht man vergebens: In Hopfen 29, direkt an der B 308 zwischen Oberstaufen und Oberreute gelegen, sind alle willkommen, die Natur pur erleben wollen. Gleich neben dem Parkplatz führt ein Fußweg hinab in den Gemüseund Kräutergarten. Zur Linken grüßt sogleich der Sonnengesang des heiligen Franziskus, und der Blick schweift hinunter auf ein 13 Hektar großes Gelände, das durchzogen ist von Wiesen, kleinteiligen Äckern, malerischen Holzhütten und einem kleinen Bachlauf. Noch stehen Kohlköpfe prächtig da, Karotten gibt es, genauso Lauch und Buschbohnen. Auch auf den Kräuteräckern steht noch einiges zum Ernten: Johanniskraut und Pfefferminze, Malve und Schafgarbe, Wermut und Sonnenblumen. Von der Ferne klingen Kuhglocken, einige Schafe blöken. Zum Verweilen laden Bänke, und im „Haus der Sieben Welten“stehen neben Rilkes „Duineser Elegien“auch „Tao te king“von Laotse und der Klassiker aller Alternativen, „Walden“von Henry Thoreau.
Wer also Zeit genug hat, kann sich hier in die Schriften vertiefen. Sie sind sicher nicht zufällig in der Hütte am Ende des Gemüsegartens zu finden, sondern wohl als Informationen über den geistigen Überbau dieses Unternehmens zu verstehen. Besitzer sind Jakob und Kaspar Schlosser, die hier ein Gegenmodell zur industriell konzipierten Landwirtschaft leben. „Landwirtschaft zu machen ist immer eine Hausforderung“, sagt der 36-jährige Kaspar Schlosser, ein gelernter Gemüsegärtner. Er und sein 34-jähriger Bruder sind zufrieden, wie der Betrieb läuft. Sie bemühen sich zusammen mit ihrem Mitarbeiterteam, das Land so zu bewirtschaften, dass eine möglichst hohe Pflanzen- und Tiervielfalt ein Zuhause findet. „Wir betreiben Vertragsnaturschutz, haben Pflegeverträge mit dem Landschaftspflegeverband und nehmen Teil am Kulturund Landschaftsprogramm des Freistaates Bayern.“
Das Ergebnis ihrer fleißigen Handarbeit steht fein eingetütet oder in Gläser verpackt im Hofladen. In Teemischungen wie „Drachenreiter“oder „Fastenfreund“, „Indischer Göttertrunk“oder „Hopfener Hausmischung“ finden sich die im biologischen Anbau gewonnenen Pflanzen, die aus dem Kräutergarten geerntet wurden. Genauso in den Gläsern mit Kräutersalz, Salat- und Suppenkräutern oder in den Räuchermischungen.
Wer sich seine Kräuter lieber selbst ziehen will, kann die Setzlinge in der Gärtnerei kaufen, die ebenfalls zum Unternehmen gehört. Im Freigelände und in den Gewächshäusern werden dort insgesamt 300 verschiedene Heil-und Teepflanzen kultiviert. Vor allem im Frühjahr herrscht ein reges Treiben. Wenn sich dann der Sommer verabschiedet, heißt das für die Landwirte dort oben noch lange nicht, dass jetzt die ruhige Zeit anbricht. Dann heißt es vor allem, die getrockneten Pflanzen sorgsam
Sommerzeit
weiter zu verarbeiten und verkaufsfertig zu machen.
Nach dem Spaziergang über das ausgedehnte Gelände bietet sich eine Einkehr in der Teestube an. Dort kann man zum Kuchen gleich einmal eine der hauseigenen Teesorten testen. Ein buntes Veranstaltungsprogramm von der kreativen Naturwerkstatt für Kinder über Kräutervorträge bis zu musikalischen Abenden gehört ebenfalls zu diesem Projekt, das Mensch und Natur ganzheitlich begreift. Immer am letzten Freitag im Monat wird eine Gartenführung um 14 Uhr angeboten. Zum letzten Mal in diesem Jahr am Freitag, 29. September. Kosten: zehn Euro. Öffnungszeiten von Hofladen und Teestube: Mittwoch bis Freitag 14-18 Uhr, Samstag 10-18 Uhr. Weitere Informationen unter Tel.: 08386/960510 und im Internet
www.artemisia.de