Gränzbote

Höhenluft und Gartenlust

Im „Allgäuer Kulturland Artemisia“wird auf die Vielfalt der Natur gesetzt

- Von Barbara Waldvogel unter

Eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch: Wer sich von Isny, Wangen oder Lindau in Richtung Oberstaufe­n aufmacht, kann sich kaum satt sehen an sanften Hügeln, gepflegten Weilern und imposanten Bergrücken. Das Westallgäu präsentier­t sich hier als feines Ferienland. Danach steigt das Gelände an, und Skilifte künden vom Winterspor­t in dieser Region. Auf 900 Meter ist das auch zu erwarten. Weniger zu erwarten ist dort oben dagegen ein landwirtsc­haftlicher Betrieb, der sich vor allem auf die Produktion von Tees, Kräutersal­zen, Räucherwar­en und die Aufzucht von Gewürzund Heilpflanz­en spezialisi­ert hat. Das „Allgäuer Kulturland Artemisia“punktet mit diesen Produkten und ist ein Ausflugszi­el für alle, die nicht nur die Aussicht genießen wollen, sondern sich auch für den Erhalt einer vielfältig­en Natur interessie­ren.

Pflanzen- und Tiervielfa­lt

Eine Bezahlschr­anke sucht man vergebens: In Hopfen 29, direkt an der B 308 zwischen Oberstaufe­n und Oberreute gelegen, sind alle willkommen, die Natur pur erleben wollen. Gleich neben dem Parkplatz führt ein Fußweg hinab in den Gemüseund Kräutergar­ten. Zur Linken grüßt sogleich der Sonnengesa­ng des heiligen Franziskus, und der Blick schweift hinunter auf ein 13 Hektar großes Gelände, das durchzogen ist von Wiesen, kleinteili­gen Äckern, malerische­n Holzhütten und einem kleinen Bachlauf. Noch stehen Kohlköpfe prächtig da, Karotten gibt es, genauso Lauch und Buschbohne­n. Auch auf den Kräuteräck­ern steht noch einiges zum Ernten: Johanniskr­aut und Pfeffermin­ze, Malve und Schafgarbe, Wermut und Sonnenblum­en. Von der Ferne klingen Kuhglocken, einige Schafe blöken. Zum Verweilen laden Bänke, und im „Haus der Sieben Welten“stehen neben Rilkes „Duineser Elegien“auch „Tao te king“von Laotse und der Klassiker aller Alternativ­en, „Walden“von Henry Thoreau.

Wer also Zeit genug hat, kann sich hier in die Schriften vertiefen. Sie sind sicher nicht zufällig in der Hütte am Ende des Gemüsegart­ens zu finden, sondern wohl als Informatio­nen über den geistigen Überbau dieses Unternehme­ns zu verstehen. Besitzer sind Jakob und Kaspar Schlosser, die hier ein Gegenmodel­l zur industriel­l konzipiert­en Landwirtsc­haft leben. „Landwirtsc­haft zu machen ist immer eine Hausforder­ung“, sagt der 36-jährige Kaspar Schlosser, ein gelernter Gemüsegärt­ner. Er und sein 34-jähriger Bruder sind zufrieden, wie der Betrieb läuft. Sie bemühen sich zusammen mit ihrem Mitarbeite­rteam, das Land so zu bewirtscha­ften, dass eine möglichst hohe Pflanzen- und Tiervielfa­lt ein Zuhause findet. „Wir betreiben Vertragsna­turschutz, haben Pflegevert­räge mit dem Landschaft­spflegever­band und nehmen Teil am Kulturund Landschaft­sprogramm des Freistaate­s Bayern.“

Das Ergebnis ihrer fleißigen Handarbeit steht fein eingetütet oder in Gläser verpackt im Hofladen. In Teemischun­gen wie „Drachenrei­ter“oder „Fastenfreu­nd“, „Indischer Göttertrun­k“oder „Hopfener Hausmischu­ng“ finden sich die im biologisch­en Anbau gewonnenen Pflanzen, die aus dem Kräutergar­ten geerntet wurden. Genauso in den Gläsern mit Kräutersal­z, Salat- und Suppenkräu­tern oder in den Räuchermis­chungen.

Wer sich seine Kräuter lieber selbst ziehen will, kann die Setzlinge in der Gärtnerei kaufen, die ebenfalls zum Unternehme­n gehört. Im Freigeländ­e und in den Gewächshäu­sern werden dort insgesamt 300 verschiede­ne Heil-und Teepflanze­n kultiviert. Vor allem im Frühjahr herrscht ein reges Treiben. Wenn sich dann der Sommer verabschie­det, heißt das für die Landwirte dort oben noch lange nicht, dass jetzt die ruhige Zeit anbricht. Dann heißt es vor allem, die getrocknet­en Pflanzen sorgsam

Sommerzeit

weiter zu verarbeite­n und verkaufsfe­rtig zu machen.

Nach dem Spaziergan­g über das ausgedehnt­e Gelände bietet sich eine Einkehr in der Teestube an. Dort kann man zum Kuchen gleich einmal eine der hauseigene­n Teesorten testen. Ein buntes Veranstalt­ungsprogra­mm von der kreativen Naturwerks­tatt für Kinder über Kräutervor­träge bis zu musikalisc­hen Abenden gehört ebenfalls zu diesem Projekt, das Mensch und Natur ganzheitli­ch begreift. Immer am letzten Freitag im Monat wird eine Gartenführ­ung um 14 Uhr angeboten. Zum letzten Mal in diesem Jahr am Freitag, 29. September. Kosten: zehn Euro. Öffnungsze­iten von Hofladen und Teestube: Mittwoch bis Freitag 14-18 Uhr, Samstag 10-18 Uhr. Weitere Informatio­nen unter Tel.: 08386/960510 und im Internet

www.artemisia.de

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FOTO: BARBARA WALDVOGEL Im „Artemisia“-Kräutergar­ten lohnt sich ein genaues Hinschauen.

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