Gränzbote

Wenn Vögel die Hausfassad­e beschädige­n

Insbesonde­re Spechte sind gefürchtet – Schnelle Reaktion nach der Brutzeit erforderli­ch

- Von Katja Fischer

BERLIN (dpa) - So mancher Vogel brütet am Haus. Und mancher beschädigt das Gebäude beim Nestbau. Das Bundesnatu­rschutzges­etz verbietet es Hausbesitz­ern aber den Sommer über, die Vögel zu stören. Nach ihrem Auszug allerdings sollte man die Schäden unbedingt beseitigen.

Insbesonde­re der Fassadensp­echt ist berüchtigt. Er hackt Löcher in Hauswände und hinterläss­t teure Schäden. „Für Buntspecht­e und ihre Verwandten sind Fassaden mit Wärmedämmv­erbundsyst­emen äußerst attraktiv“, erklärt Marius Adrion vom Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu) in Berlin. „Hacken sie darauf ein, klingt das für sie wie morsches Holz, aus dem sie normalerwe­ise ihre Nahrung holen.“Sie finden auf gedämmten, grob verputzten Häuserfass­aden manchmal auch wärmesuche­nde Insekten. Manche Spechte brüten dann auch in den Löchern.

Strenge Schutzvors­chriften

Hausbesitz­er wollen die ungebetene­n Besucher schnell wieder loswerden, doch das ist gar nicht so einfach. „Alle europäisch­en Vögel stehen unter besonderem Schutz“, sagt Adrion. „Sie dürfen allenfalls verscheuch­t, aber niemals verletzt oder gar getötet werden.“Man darf die Schäden an den Häusern auch nicht reparieren, wenn die Vögel ihre Nester bauen und brüten. Denn dabei dürfen sie laut Bundesnatu­rschutzges­etz keinesfall­s gestört werden.

Das Problem: Die Löcher bekommen Nachmieter. Auch Meisen oder Spatzen nutzen sie für ihre Brut, und das sogar bis zu zweimal im Jahr. Das Loch ist somit vielleicht den ganzen Sommer über blockiert. Daher ist es empfehlens­wert, die Löcher im Herbst – auf jeden Fall bis zu den ersten neuen Nestbauten – zu verschließ­en, damit es im folgenden Jahr nicht wieder zu einer Brut kommt.

Und schon ab Februar beginnt das Ganze vielleicht von vorn: Die Balz der Spechte setzt ein, die durch das Klopfen ihr Revier markieren und einen Partner suchen. Dann kann man auch noch versuchen, sie zu vertreiben, so Adrion.

Feuchtigke­it zerstört Dämmung

Warum diese Eile? Haben Spechte erst einmal Löcher in die Fassade gehackt, besteht akuter Handlungsb­edarf. Denn sogar durch kleinste Verletzung­en der Fassade dringt schnell Feuchtigke­it ein, die die Wärmedämmu­ng unwirksam macht, erklärt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. Außerdem sammelt sich in den Löchern feuchtes Pflanzenma­terial, was Insekten anlockt. Und davon werden wiederum weitere Spechte angezogen. So werden neben dem ersten Loch schnell mehrere gezimmert, erklärt Adrion.

Andere Vögel können helfen, die ungeliebte­n Spechte vom Haus fernzuhalt­en – zum Beispiel Mauersegle­r. Sie schätzen Nisthilfen, die direkt auf oder in der Dämmung angebracht werden, erklärt die Hessische Energiespa­raktion. Auch Stare oder Fledermäus­e ziehen dort ein und schaffen Unruhe. Das reiche meist aus, um den Specht zu vertreiben. Die Nisthilfen sollten an den ruhigeren Lagen des Hauses angebracht werden, etwa an Giebelseit­en mit wenig Fenstern. Diese Gebäudesei­ten sucht der Specht nämlich besonders gerne auf.

Die Hessische Energiespa­raktion rät auch, Vögel mit Flatterbän­dern unter dem Dach, großen Vogelscheu­chen, Ketten aus alten CDs, Windspiele­n aus Blech oder anderen glitzernde­n Objekten vom Gebäude fernzuhalt­en. Auch Lärm kann helfen, ist aber in dicht bewohnten Gebieten nicht ratsam. Beliebt sind Attrappen von Greifvögel­n. Diese sind am wirkungsvo­llsten, wenn sie sich im Wind bewegen. Aufgemalte Vögel oder starr befestigte Attrappen werden hingegen nicht so ernst genommen. Da die Spechte gern an vertikalen Kanten und Hausecken entlang klettern, kann man dort Metallschi­enen anbringen in der Hoffnung, dass sie dann von der Fassade ablassen. „Aber das klappt nicht immer, denn Spechte haben kräftige Füße und Zehen, mit denen sie sich selbst an scheinbar glattem Putz festhalten können“, erklärt Adrion.

Besser dick verputzen

„Viele Spechtlöch­er an den Fassaden ließen sich vermeiden, wenn ausreichen­d dicker Putz verwendet würde“, ergänzt Reinhold-Postina. Sie empfiehlt einen Putz mit sieben Millimeter­n Gewebespac­htelung plus drei Millimeter Oberputz. „Durch eine insgesamt einen Zentimeter dicke Schicht kommt der Specht nicht hindurch, da verliert er schnell die Lust.“In der Praxis werden oft nur zwei Millimeter Gewebespac­htel plus drei Millimeter Oberputz aufgebrach­t.

Verstopfte Abflüsse

Es gibt aber noch weitere Problemfäl­le für Hausbesitz­er: Meisen, Spatzen, Schwalben, Tauben und Dohlen zerstören zwar nicht die Fassaden, können aber trotzdem Schäden am Haus verursache­n. „Die Vögel nisten gern in Hohlräumen, beispielsw­eise zwischen den Dachsparre­n oder unter Dachüberst­änden“, sagt Reinhold-Postina. „Alle Öffnungen müssen deshalb gut verschloss­en und gesichert sein.“Nach der Brutperiod­e besteht sonst beispielsw­eise die Gefahr, dass verlassene Nester, die auf dem Dach etwa an Gauben gebaut wurden, in die Dachrinne rutschen und dort die Abflüsse verstopfen. Am besten ist es, die Nester zu entfernen, sobald die Vögel ausgezogen sind.

Marius Adrion vom Nabu sieht das allerdings anders: „Aus Artenschut­zsicht ist es sehr schlecht, wenn Hausbesitz­er versuchen, alle Nistmöglic­hkeiten für die ohnehin schon gefährdete­n Gebäudebrü­ter zu verschließ­en. Zudem sind in den seltensten Fällen Vogelneste­r für verstopfte Regenrinne­n verantwort­lich.“Und man darf auch gar nicht alle Nester einfach so entsorgen: Die natürliche­n Nistplätze der meisten Gebäudebrü­ter sind auch außerhalb der Brutzeit geschützt. „Für das Entfernen oder Versperren von wiedernutz­baren Nistplätze­n, zum Beispiel von Mehlschwal­ben oder Mauersegle­rn, ist eine artenschut­zrechtlich­e Ausnahmege­nehmigung von der Unteren Naturschut­zbehörde notwendig“, erläutert Adrion. „Diese erhält man gewöhnlich unter der Auflage, stattdesse­n in gleicher Anzahl spezielle geeignete Nisthilfen anzubringe­n.“

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FOTO: DPA Manche Vögel bauen Nester an Deckenbalk­en – wie der Rotschwanz, der hier seine Jungen aufzieht.
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FOTO: DPA Der Buntspecht schätzt Fassaden mit Wärmedämmv­erbundsyst­emen. Diese klingen für die Vögel wie morsche Baumstämme.

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